GSoA gewinnt vor Bundesgericht gegen St. Gallen

14. Oktober 2009

Das Sammeln von Unterschriften durch weniger als drei Personen ist ohne Bewilligung zulässig

In der autofreien Innenstadt von St. Gallen ist das Sammeln von Unterschriften durch weniger als drei Personen ohne Bewilligung zulässig. Im Rechtsstreit ging es um eine Aktion der Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA).

Das Bundesgericht hat die Beschwerde der Stadt abgewiesen und der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) Recht gegeben. Die GSoA hatte 2006 um die Bewilligung ersucht, an 25 Tagen im Dezember und Januar ohne Stand in der Innenstadt Unterschriften für ihre Initiative zum Verbot von Kriegsmaterialexporten sammeln zu dürfen. Die Stadtpolizei beschied der GSoA, dass sie praxisgemäss nur sechs Tage pro Monat bewillige.

Maximal drei Personen

Der St. Galler Stadtrat bestätigte den Entscheid. Das kantonale Justiz- und Polizeidepartement kam auf Rekurs der von Nationalrat Paul Rechsteiner vertretenen GSoA dann zum Schluss, dass die Unterschriftensammlung an den fraglichen Standorten in Fussgängerzonen der Innenstadt nicht bewilligungspflichtig sei. Die dagegen erhoben Beschwerde der Stadt wies das kantonale Verwaltungsgericht im August 2008 ab. Das Gericht hielt fest, dass keine Bewilligung notwendig sei, wenn bis maximal drei Personen Unterschriften sammeln würden.

In diesem Fall könne an den fraglichen Örtlichkeiten, unter anderem in der Multergasse und auf dem Rösslitorplatz, nicht von einem gesteigerten Gemeingebrauch durch die Unterschriftensammler ausgegangen werden. Die Stadt gelangte dagegen ans Bundesgericht, das ihre Beschwerde nun ebenfalls abgewiesen hat.

Gemeinverträglich

Die Lausanner Richter bestätigen in ihrem Entscheid die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass das Sammeln von Unterschriften unter den genannten Voraussetzungen gemeinverträglich ist und damit grundsätzlich keiner Bewilligung bedarf. Die Autonomie der Stadt werde durch den Entscheid des Verwaltungsgerichts nicht verletzt. Die Sammelstandorte seien in der Fussgängerzone, womit eine Behinderung des motorisierten Verkehrs wegfalle. Weiter sei davon auszugehen, dass auch keine grösseren Passantenströme gestört würden. Eine Bewilligungspflicht könne allerdings dann geschaffen werden, wenn das Unterschriftensammeln häufig vorkomme. Weiter hatte die Stadt argumentiert, dass die betroffenen Orte für vielfältige Aktionen politischer, religiöser, gemeinnütziger oder künstlerischer Art attraktiv seien. Nur mit einer Bewilligungspflicht könnten die Interessen der verschiedenen Gruppierungen bestmöglich geschützt und koordiniert werden.

Selbstregulierung

Gemäss dem Urteil ist für diese Anliegen der Stadt indessen eine Steuerung via Bewilligungspflicht nicht erforderlich. Es könne davon ausgegangen werden, dass eine gewisse Selbstregulierung einsetze und die unterschiedlichen Gruppen je in der für ihre Anliegen geeigneten Weise in Erscheinung treten würden.

Nicht zur Debatte stand vor Bundesgericht die Frage, ob das neue stadträtliche Reglement von 2007 über die Bewilligungspflicht bei Unterschriftensammlungen auf öffentlichem Grund ganz oder in Teilen vor der Verfassung standhält. Dessen Genehmigung durch das zuständige kantonale Departement steht gegenwärtig noch aus.