Keine verdeckte Ermittlung für Bagatelldelikte!
28. Oktober 2010
Totalrevision Alkoholgesetz: Gesetzliche Grundlage für Testkäufe nicht akzeptabel
Mit der Totalrevision des Alkoholgesetzes soll eine gesetzliche Grundlage für Testkäufe geschaffen werden.
Bei derartigen Testkäufen handelt es sich um verdeckte Ermittlungen, wie es z. B. das Kantonsgericht Basel-Landschaft erkannt hat (Urteil vom 10. Februar 2009).
Das Bundesgesetz über die verdeckte Ermittlung (BVE) vom 20. Juni 2003 setzt für verdeckte Ermittlungen hohe Schranken. Einerseits muss ein Anfangsverdacht vorliegen (eine Vermutung genügt nicht), andere Untersuchungshandlungen müssen erfolglos geblieben und eine Straftat gemäss Katalog muss begangen worden sein. Für Bagatelldelikte kommt verdeckte Ermittlung nicht in Frage (Art. 4 BVE). Andererseits muss eine richterliche Genehmigung vorliegen (Art. 7 BVE). Verdeckte Ermittlungen stellen einen schweren Eingriff in Persönlichkeitsrechte dar. Die Hürden für verdeckte Ermittlungen sind vom Gesetzgeber deshalb vor sieben Jahren bewusst hoch angesetzt worden, um dem Prinzip von Treu und Glauben folgend das Vertrauen in den Staat nicht zu gefährden.
Es wäre fatal, wenn dieses Konzept für Testkäufe im Alkoholbereich durchbrochen würde. Eine völlige Verwässerung, wenn nicht gar totale Aushebelung des Bundesgesetzes über die verdeckte Ermittlung wäre innert kürzerster Frist die Folge, was klarerweise nicht erwünscht ist. Bekanntlich verlangen die Polizeibehörden diesbezüglich immer mehr Kompetenzen und Mittel, was zur Folge hätte, dass für alles und jedes eine spezialgesetzliche Regelung zur Aushebelung des BVE geschaffen würde, und dieses somit zur Makulatur verkommt. Aktuelle Beispiele dafür sind u. a. die Forderung nach Kokain-Testkäufen, welche das Bundesgericht aufgrund des BVE unterbunden hat, oder das präventive verdeckte Schnüffeln in Chatrooms, welches mit der neuen StPO rechtlich eingeschränkt wird.
Am 10. Januar 2012 hat das Bundesgericht bestätigt, dass Alkohloscheinkäufe verdeckte Ermittlungen darstellen und somit unzulässig sind.
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