«EasyRide» Neuauflage

17. April 2012

Im Sommer stimmen die Mitglieder des Verbandes öffentlicher Verkehr über das Konzept einer ÖV-Karte ab

Ab Ende 2013 soll eine ÖV-Karte mit einem RFID-Chip die heutigen General-, Halbtax- und regionale Tarifverbund-Abonnemente ablösen. Später soll die neue Karte auch herkömmliche Papiertickets ersetzen. Der Verband öffentlicher Verkehr bereitet diesen Schritt hinter verschlossenen Türen vor und wird alle Benutzer des öffentlichen Verkehrs im Sommer 2012 vor vollendete Tatsachen stellen.

Mit Lesegeräten an allen Türen öffentlicher Verkehrsmittel können die Daten der ÖV-Karten beim Ein- und Aussteigen eingelesen werden. In einer zentralen Datenbank werden alle Bewegungen mit Tram, Bus, Bahn und Sportbahnen mit Datum und exakter Zeitangabe gespeichert.

Vor über 10 Jahren wollten die SBB unter dem Namen «EasyRide» genau das Gleiche einführen. In seinem Tätigkeitsbericht 1999/2000 hat der damalige Eidg. Datenschutzbeauftragte (EDSB, heute EDÖB) das Projek «EasyRide» kritisch analysiert:

Die verfassungsmässig ausdrücklich garantierte Bewegungsfreiheit als Teil der persönlichen Freiheit beinhaltet nicht nur das Recht, sich frei bewegen zu können, sondern auch das Recht, dabei nicht systematisch beobachtet zu werden. Eine permanente und vollständige Erfassung des Bewegungsverhaltens kann dieses stören und einschränken.

Im Zusammenhang mit dem Projekt «EasyRide» der schweizerischen Transportunternehmungen ist vorgesehen, detaillierte personenbezogene Daten über die (bis anhin anonyme) Nutzung des öffentlichen Verkehrssystems zu bearbeiten. Dabei handelt es sich u.a. um die Ein-, Ausstiegsorte sowie Zeitangaben und Abrechnungsdaten. Daraus können exakte Bewegungsprofile entstehen d.h. es wird registriert, wer wann mit welchem Verkehrsmittel wohin gefahren ist und zu welchem Preis. Diese Daten können bereits bei einer geringen Nutzung der öffentlichen Verkehrssysteme zu Persönlichkeitsprofilen werden. Persönlichkeitsprofile sind vom Datenschutzgesetz speziell geschützt.

Der EDÖB stellte auch fest, dass ohne Preisnachteil weiterhin eine anonyme Nutzungsmöglichkeit angeboten werden müsse. Der Bundesrat hat in seiner Antwort auf eine einfache Anfrage am 1. März 1999 festgehalten, dass im Rahmen der Evaluationsphase zu «EasyRide» geprüft werden müsse, ob nicht besondere Vorschriften in die Gesetzgebung, namentlich in die Erlasse über den öffentlichen Verkehr, aufgenommen werden sollen.

Den Verband öffentlicher Verkehr scheint dies wenig zu kümmern. Er schreit zwar ewig nach mehr Geld und mehr Kompetenzen, z. B. bei der Revision des Bahnpolizeigesetzes oder aktuell bei der Aufhebung der Transportpflicht bei bestimmten Personengruppen, hintergeht aber die Interessen seiner Kunden systematisch und erlässt verbindliche Bestimmungen wie z. B. die Billettpflicht in allen Zügen seit Dezember 2011 oder jetzt die ÖV-Card.

Auf Anfrage von grundrechte.ch teilte der EDÖB mit, dass er im Dezember 2011 in Grundzügen über das Projekt «ÖV-Card», das dann noch in der Anfangsphase war, unterrichtet wurde. Sobald detailliertere Pläne vorliegen, solle der EDÖB konsultiert werden. Bezüglich «Pervasive Computing» existieren keine verkehrsspezifischen Regelungen im Sinne eines Verhaltenskodexes, wie dies 2006 vorgeschlagen wurde. Auch stehen keine besonderen Vorschriften in der Gesetzgebung, namentlich in den Erlassen über den öffentlichen Verkehr, zur Debatte.