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Bern, den 18. April 2007

EJPD

Bundesamt für Justiz

3003 Bern

Verfassungsbestimmung Hooliganismus, Vernehmlassungsverfahren zum Vorentwurf zur Art. 68 Abs. 4 (neu) BV – Vernehmlassungsfrist 20. April 2007

Sehr geehrter Herr Bundesrat,

Sehr geehrte Damen und Herren

Der Vereine grundrechte.ch lehnt die vorgeschlagene Verfassungsänderung und die damit verbundene dauerhafte Einführung von präventiv-polizeilichen Massnahmen gegen Gewalttätigkeiten und Ausschreitungen an Sportveranstaltungen ab.

grundrechte.ch ist nach wie vor der Ansicht, dass bereits die Massnahmen des "Hooligangesetzes" (BWIS I) in eine völlig falsche Richtung zielen: Das bestehende und bereits sehr weitreichende Strafrecht, die in den kantonalen Polizeigesetzen verankerten Massnahmen wie auch die diversen repressiven Mittel und Möglichkeiten Privater wie zum Beispiel Stadionverbote lassen bereits grosse Eingriffe in die Bewegungsfreiheit zu.

Das "Hooligangesetz" ist ursprünglich eine Lex "Euro 08". Deshalb schlug der Bundesrat eine Befristung auf das Jahr 2008 vor, welche vom Ständerat bis zum Jahr 2009 (Eishockey-WM) verlängert worden ist. Das Gesetz wurde nicht nur wegen der fehlenden Verfassungsmässigkeit befristet, sondern auch, weil die Tauglichkeit und der Wirkungskreis - gegen Jugendliche ab 12 Jahren! - der Massnahmen von verschiedener Seite bezweifelt worden sind und als eidgenössische Gesetzgebung in kantonale Kompetenzen im Polizei- und Strafrechtsbereich „eingreift“.

Selbst mit der vorgeschlagenen Verfassungsgrundlage ist das Eingreifen gegen Ausschreitungen in und um Sportstadien im BWIS an einem völlig falschen Ort geregelt. Die innere Sicherheit der Schweiz wird durch sich rivalisierende kleine Gruppen gewaltbereiter Sportfans nicht gefährdet. Es sei an dieser Stelle doch daran erinnert, dass es sich hier mitnichten um eine Entwicklung jüngster Zeit handelt. Gewalttätige Ausschreitungen - vor allem bei Fussball- und Eishockey-Spielen - gibt es leider seit längerer Zeit, sie waren aber früher nicht derart medial begleitet wie das heutzutage der Fall ist. Die Verhinderung, bzw. der Umgang mit diesem, sich oft auch verändernden Phänomen von Fanverhalten im Sportbereich muss in erster Linie Aufgabe der kantonalen politischen und polizeilichen Behörden sowie der Sportvereine bleiben.

Unsere Bundesverfassung wurde vor kurzem totalrevidiert mit Ziel, sie von Ballast zu befreien. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass der Bundesrat die Verfassung jetzt wieder mit Details zustopfen will. Nach Ansicht von grundrechte.ch ist dieses Vorgehen unverhältnismässig und völlig übereilt. Bevor überhaupt eine Verfassungsdiskussion stattfinden soll, muss die Umsetzung und Wirkung des seit Januar 2007 in Kraft getretene BWIS I seriös ausgewertet werden - insbesondere die Tauglichkeit und Konsequenzen der damit verbundenen sog. Hooligan-Datenbank. Dabei müssten die von den präventiv-repressiven Massnahmen betroffenen Fans in jedem Fall mit einbezogen werden. Die mit dem BWIS möglichen Einschränkungen der Grundrechte bedürfen zwingend einer sorgfältigen Analyse bevor über eine Verlängerung der Gültigkeit des BWIS, bzw. über eine Verankerung in der Bundesverfassung entschieden wird.

Mit freundlichen Grüssen

grundrechte.ch, i.A. C. Weber

grundrechte.ch Präsidium: RA V. Györffy

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