ATTAC Schweiz hat mit grosser Befriedigung den Entscheid des Zivilgerichtspräsidenten Jean-Luc Genilllard vom 25.01.2013 in der Affäre «Nestlégate» zur Kenntnis genommen. Das Zivilgericht hat NESTLE und SECURITAS für ihre Spionagetätigkeiten bei ATTAC verurteilt, und der Präsident hat anerkannt, dass es sich um eine unerlaubte Infiltration handelte und den Anspruch auf Genugtuung gutgeheissen. Er hat zugestanden, dass die Persönlichkeitsrechte der Klägerinnen verletzt worden sind und NESTLE und SECURITAS dazu verurteilt, ihnen eine Genugtuung in der Höhe von CHF 3‘000.- pro Person zu bezahlen.
2008 wurde gegen NESTLE und SECURITAS Strafanzeige erstattet und gleichzeitig eine Zivilklage eingereicht, nachdem das Westschweizer Fernsehen TSR am 12. Juni 2008 publik gemacht hatte, dass eine Gruppe von Attac-Waadt, die an einem Buch über die Nestlépolitik arbeitete (2005 auf Deutsch erschienen : Nestlé, Anatomie eines Weltkonzerns, Rotpunktverlag), von einer Securitasmitarbeiterin im Auftrag von Nestlé infiltriert und ausspioniert worden war. Die Frau war im Herbst 2003 unter der falschen Identität „Sara Meylan“ der Gruppe beigetreten, hatte Arbeitssitzungen besucht, sich Zugang zu vertraulichen Informationen auch über Dritte beschafft und über die Sitzungen sowie die anwesenden Personen detaillierte Berichte zuhanden von Nestlé erstellt. Im September 2008 hat ATTAC eine weitere Spionin von SECURITAS/NESTLE entdeckt und beim Untersuchungsrichter des Strafverfahrens angezeigt, die 2008 unter ihrem richtigen Namen noch immer bei ATTAC aktiv war, bis die Organisation sie ausschloss. Wir freuen uns, dass das Zivilgericht diese Spionage verurteilt hat. Es liegt uns jedoch auch am Herzen hervorzuheben, dass wir die Machenschaften des multinationalen Konzerns NESTLE in der Welt weiterhin kritisch verfolgen, vor allem in Bezug auf die gewerkschaftsfeindliche Politik und das exzessive Abpumpen von Wasser. Schliesslich möchten wir betonen, dass hinter «Nestlégate» Probleme liegen, die den Rahmen dieser Affäre sprengen. So ist die Lausanner Anti-Repressionsgruppe zwischen 2003 und 2005 auch einer Infiltration zum Opfer gefallen genauso wie mehrere andere Personen und Gruppen in der Schweiz und im Ausland. In diesem Zusammenhang möchten wir auch nochmals die klaffenden Lücken des Strafprozesses in Erinnerung zu rufen, der infolge unserer Strafanzeige 2008 geführt worden ist. Der Journalist Alec Feuz hat diese Untersuchung sehr anschaulich in seinem Buch «Affaire classée» dokumentiert.
Durch die Vermehrung von Spionagefällen werden demokratische Grundrechte wie die Meinungs-, Rede- und Versammlungsfreiheit in Frage gestellt. Die Tätigkeiten von NGOs, Gewerkschaften und kritischen politischen Organisationen werden immer mehr von privaten Konzernen bekämpft, welche die Kampagnen und friedlichen Demonstrationen der Zivilgesellschaft als Gefährdung ihrer kommerziellen Interessen ansehen. Diese Konzerne versuchen deshalb oft die demokratischen Grundrechte zu beschneiden - oftmals profitieren sie dabei leider von der Komplizenschaft des Staates oder zumindest von dessen Passivität. Es ist fundamental, sich für eine gerechtere Gesellschaft engagieren zu können, gegen die skandalösen Ungerechtigkeiten in der Welt zu kämpfen und freie, unabhängige Recherchen über die Machenschaften von Unternehmen führen zu können, ohne dabei überwacht oder ausspioniert zu werden.
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