von Lorenz Honegger, Aargauer Zeitung
Der Gemeindeverband möchte, dass Post und Gemeinden ihre Adressdatenbanken untereinander abgleichen können. Der Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür findet das problematisch.
Normalerweise finden Vorstösse wie jener von Ständerat Hannes Germann (SVP, SH) keine grosse Beachtung. Der Präsident des Gemeindeverbandes verlangt in einer parlamentarischen Initiative, dass Post und Gemeinden ihre Adressdatenbanken künftig untereinander abgleichen dürfen. Heute können sie ihre Adressen nur auf Anfrage, das heisst, punktuell austauschen. Germann argumentiert, beide Seiten hätten einen öffentlichen Auftrag und damit auch ein legitimes Interesse an einer Ausweitung des Datenaustausches.
Dennoch wird der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür sehr genau hinschauen, wenn der Ständerat über seinen Vorstoss debattiert. Thür hält es für äusserst problematisch, der Post Zugriff auf die Einwohnerregister der Gemeinden zu gewähren, wie er auf Anfrage der «Nordwestschweiz» bestätigt. Denn der Gelbe Riese ist nicht nur in der Auslieferung von Briefen und Paketen, sondern auch im Geschäft mit Adressen ein grosser Player.
Nähe zu Adresshändlern
So können Privat- und Firmenkunden seit Jahren ihre Adressbestände von der Post «aktualisieren» lassen. Das heisst: Der bundesnahe Betrieb durchforstet die Adresslisten seiner Kunden nach veralteten Adressen und liefert ihnen gegen Bezahlung neue, aktualisierte Daten. Die besagte Dienstleistung nennt sich «Matchmove».
Pikanterweise gewährt die Post nicht nur gewöhnlichen Unternehmen, sondern auch aggressiven Adresshändlern Zugriff auf «Matchmove». Diese nehmen es mit dem Datenschutz bekanntlich selten genau. So landeten beispielsweise im letzten Sommer private Adressen über einen Adresshändler für jeden einsehbar auf der Internetplattform Moneyhouse.
Einseitige Interessenlage
Rein theoretisch wäre es also nach einer Annahme von Hannes Germanns parlamentarischer Initiative möglich, dass Daten aus den Einwohnerregistern der Gemeinden über die Post in die Hände dubioser Adresshändler gelangen.
Aus diesen und anderen Überlegungen zog die Staatspolitische Kommission des Nationalrates bereits im letzten Sommer die Notbremse: Unter dem Eindruck der Affäre Moneyhouse überzeugte Nationalrat Kurt Fluri (FDP/SO) seine Kollegen, Germanns Vorstoss dem Bundesrat erst einmal als Prüfungsantrag vorzulegen. Der entsprechende Entscheid fiel einstimmig.
Als Stadtpräsident von Solothurn wusste Fluri, wovon er spricht: «Ich habe bei unseren Einwohnerdiensten nachgefragt und kam zum Schluss, dass die Qualität unserer Adressdaten absolut ausreichend ist», sagt er. Er habe den Eindruck, das Interesse an einem Ausbau des Datenaustausches komme einseitig von der Post. Darum sei die Vorsicht seiner Kommission sicher nicht fehl am Platz.
Dem Vernehmen nach reagierte die Staatspolitische Kommission des Ständerates verärgert auf den negativen Entscheid ihrer Schwesterkommission. Anfang Februar teilte sie mit, im Interesse der «Qualität der Adressdaten in den amtlichen Einwohnerregistern» halte sie an der parlamentarischen Initiative von Hannes Germann fest.
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