BWIS II «light» beschlossen

8. Januar 2012

Direktes Einsichtsrecht in Staatsschutzakten verwässert

In der Sommersession 2011 hat der Ständerat der Vorlage BWIS II «light» zugestimmt. Positiv wäre die neu vorgesehene direkte Einsicht in Staatsschutzakten gemäss Artikel 8 und 9 des Datenschutzgesetzes gewesen. In der Herbstsession 2011 hat der Nationalrat das direkte Einsichtsrecht gekippt. In der Folge wurde ein Wischi-Waschi-Kompromiss erarbeitet, welcher dem Datenschutzbeauftragten wieder eine tragende Rolle im Einsichtsprozess zuwies und die indirekte Einsicht in den meisten Fällen beibehielt.

Das Gesetz wurde in der Schlussabstimmung der Wintersession vom 23. Dezember 2011 angenommen. Es bringt Tarnidentitäten für Ermittler, eine Auskunfts-Verpflichung von Transportunternehmungen und Amtsstellen, sowie das mögliche Verbot von Organisationen und deren Tätigkeiten. Als ganz kleines Zückerchen ist das direkte Einsichtsrecht in Staatsschutzakten vorgesehen, welches bei näherem Hinsehen aber gar keines ist. BWIS II «light» tritt frühestens nach Ablauf der Referendumsfrist (13. April 2012) in Kraft.

Das direkte Einsichtsrecht ist folgendermassen ausgestaltet: Liegen «begründende Interessen an einer Geheimhaltung» - auch von privater Seite - vor, kann die Auskunft aufgeschoben werden. Ebenfalls für drei Jahre aufgeschoben wird die Auskunft, wenn eine gesuchstellende Person nicht verzeichnet ist. Nach der Mitteilung über die Aufschiebung der Auskunft besteht wie bisher lediglich die nicht taugliche Möglichkeit, durch den Datenschutzbeauftragten und anschliessend durch das Bundesverwaltungsgericht die Rechtmässigkeit der Aufschiebung prüfen zu lassen. Sofortige direkte Auskunft erhält nur, wer im Staatsschutzsystem verzeichnet ist, sofern kein «begründendes Interesse an einer Geheimhaltung» vorliegt.

Ende 2011 hat das Bundesgericht im Falle eines polnischen Journalisten, dessen Fichierung im Rahmen der «Fichenaffäre II» bekannt wurde, entschieden, dass das indirekte Einsichtsrecht via Datenschutzbeauftragten mit der europäischen Menschenrechtskonvention im Einklang stehe. Dieses Urteil kann an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte weitergezogen werden.

Am 1. Januar 2012 trat die revidierte Verordnung über die Informationssysteme des Nachrichtendienstes des Bundes in Kraft, welche die Nachrichtendienste in Art. 29 verpflichtet, vor der Erfassung einer neuen Information zwingend eine Beurteilung vorzunehmen, ob diese Information die Staatsschutzrelevanz der sie betreffenden Person oder Institution bestätigt.

 

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