Fichenaffäre II

26. Juni 2008

Seit der Fichenaffäre sind zwanzig Jahre vergangen, und nach der daraufhin vorgenommenen strengeren Regelung des Staatsschutzes hatte man das Thema für erledigt erachtet. Jetzt sind in Basel Beispiele von Personenüberwachungen bekannt geworden, die den Verdacht erwecken, dass mittlerweile wieder über Gebühr viel fichiert wird. Bekannt gemacht hat die Fälle die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Grossen Rats, die in ihrem Jahresbericht unter dem Titel «Staatsschutz» darauf hinwies, dass sechs Parlamentarier türkischer oder kurdischer Herkunft bespitzelt worden seien.

Als Folge dieser Enthüllung wurden auch Politiker in verschiedenen anderen Kantonen aktiv und verlangten ebenfalls Aufklärung über Fichierte in ihren Parlamenten (siehe z. B. Sonntag vom 6. Juli 2008 oder Interpellation Stadt Bern). Der Präsident es Grossen Rats Basel-Stadt hat überdies Auskunft über alle Mitglieder des Rats verlangt.

Zuständig für die Kontrolle des Staatsschutzes mit seinen mittlerweile 110,000 Fichen ist die 6-köpfige Geschäftsprüfungsdelegation GPDel. Sie wurde bereits 2007 über die Fichierung von Basler Politikern informiert. Öffentlich bekanntgegeben, dass sie der Sache nun nachgehen wolle, hat sie allerdings erst, nachdem der Skandal durch die Basler GPK landesweit für Schlagzeilen sorgte.

„Es liegt natürlich in der Natur von nachrichtendienstlichen Abklärungen, dass sie nicht gerichtsverwertbar sind und nicht bis zuhinhterst hinaus bestätigt sind“. Jürg Bühler, Chef Operationen beim Dienst für Analyse und Prävention (DAP) in „Rundschau“, Schweizer Fernsehen, Mittwoch, 2. Juli 2008 zum Fall des Kurden aus Basel, der infolge seiner Staatsschutzeinträge nicht eingebürgert wurde. Erst dank einem Bundesgerichtsurteil hat die Familie das Schweizer Bürgerrecht erhalten hat. Die Fichierung des Kurden erfolgte, weil er namentlich Kundgebungen und andere Veranstaltungen (Workshops und Ausstellungen zur Kurdenfrage) organisiert hatte.

Die Berichterstattung in der Schweiz über die 6 fichierten Basler Grossräte hat zu Medienberichten in der Türkei mit völlig falschen Inhalten geführt (Basellandschaftliche Zeitung vom 16. Juli). In der Folge wurde die Botschaft in Ankara von fedpol mit Informationen ausgestattet, um bei Anfragen wenigstens korrekte Antworten geben zu können (Basellandschaftliche Zeitung vom 16. Juli).

Diese erneute Fichenaffäre, deren Ausmass noch nicht absehbar ist, ist ein weiterer Grund, um den Appell gegen BWIS II zu unterschreiben.

Mit den Musterbriefen (PDF-Version ausdrucken und von Hand ausfüllen oder RTF-Version mir einem Textprogramm öffnen und editieren) kann beim Datenschutzbeauftragten um Ficheneinsicht nachgesucht werden.

 

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