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Bundesgesetz über anerkannte elektronische Identifizierungseinheiten (E-ID-Gesetz)

26. Mai 2017

An die Vorsteherin des EJPD

Frau Bundesrätin Simonetta Sommaruga

3003 BERN

copiur@bj.admin.ch

Bundesgesetz über anerkannte elektronische Identifizierungseinheiten, E-ID-Gesetz

Vernehmlassungsfrist 29. Mai 2017

Sehr geehrte Frau Bundesrätin

Sehr geehrte Damen und Herren

Gerne nehmen wir hiermit Stellung zum oben aufgeführten Gesetzesentwurf zur Einführung elektronischer Identifizierungseinheiten (E-ID).

Grundsätzlich haben wir allergrösste Vorbehalte gegen die vorgeschlagene Aufgabenteilung zwischen Staat und Privaten bei der Vergabe von E-IDs, zumal diese E-IDs zwingend u. a. für Vote électronique oder für E-Health-Anwendungen vorgeschrieben werden sollen. Genauso, wie die Unternehmens-Identifikationsnummer (UID) durch den Staat vergeben wird, ist auch eine E-ID für natürliche Personen zwingend ausschliesslich durch den Staat - ohne Einbezug von Privaten - zu vergeben.

grundrechte.ch fordert deshalb, den vorliegenden Entwurf in diesem Sinne vollständig zu überarbeiten, so wie dies ursprünglich der Bundesrat am 19. Dezember 2012 dem EJPD in Auftrag gegeben hat.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der jüngsten massiven Cyberattacken (wanna cry) geben wir zu bedenken, dass jede neue Datenbank neue Begehrlichkeiten (Missbrauch, Manipulation, Erpressung, Handel mit Daten) erweckt. Fachleute sind sich einig, dass es keine Garantie gibt, Datenbanken vor Angriffen von aussen hundertprozentig zu schützen. Umso sorgfältiger muss der Staat mit den Personendaten seiner Bürgerinnen und Bürger umgehen.

Die E-ID darf auf keinen Fall die herkömmlichen Ausweispapiere (ID, Pass, Ausländerausweis) ersetzen. Die Wahlfreiheit, mit welcher Methode, mit welchem amtlichen Dokument sich jemand gegenüber öffentlichen Ämtern oder privaten Firmen ausweisen will, muss zwingend erhalten bleiben. Nur so kann das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung auf lange Zeit gewahrt und geschützt werden.

Wenn überhaupt eine E-ID eingeführt werden soll, darf dies auf gar keinen Fall an private profitorientierte Unternehmen ausgelagert werden. Der Staat ist die einzige Institution, die - analog der Ausstellung amtlicher Ausweise - dazu berechtigt sein darf. Es muss unbedingt gewährleistet bleiben, dass das Ausstellen eines rechtsgültigen ID Nachweises, in welcher Form auch immer, eine unveräusserliche Aufgabe des Staates bleibt und damit sichergestellt wird, dass kein Datenmissbrauch möglich ist.

Die Vorlage geht auch bezüglich der zu verarbeitenden Daten für eine E-ID viel zu weit. Es ist nicht ersichtlich, weshalb derart viele Personendaten quasi auf Vorrat gesammelt und den privaten Anbietern zur Verfügung gestellt werden sollen. Insbesondere die Versichertennummer nach Artikel 50c des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenen-Versicherung sowie das Gesichtsbild und das Unterschriftsbild aus der nationalen Ausweisdatenbank sind hochsensible höchstpersönliche Daten und werden einzig für andere, ganz bestimmte eingeschränkte Zwecke unter Zusicherung der Vertraulichkeit erfasst.

Ohne jemandem etwas unterstellen zu wollen, gibt es bereits genügend aktuelle Beispiele, wonach Personendaten längst nicht nur für den ursprünglich angegebenen Zweck verwendet werden. Die im Gesetzesentwurf vorgesehene Kontrolle durch die beim Bund angesiedelte Anerkennungsstelle ist ungenügend. Sie wäre kaum in der Lage, die korrekte Verwendung aller Personendaten sicher zu stellen - zumal diese sogar von den Identity Providern an Betreiber von E-ID-verwendende Dienste weitergegeben werden dürften.

Die Ausstellung einer E-ID muss auch unter diesem Kontrollaspekt eine reine Bundesaufgabe bleiben. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Umgang mit diesen sensiblen Daten jederzeit auch einer parlamentarischen Aufsicht und Kontrolle unterstellt bleibt und das Gesetz, sofern notwendig, nachgebessert werden kann, ohne dass dadurch bestehende Verträge mit privaten Dritten verletzt würden.

Zusammenfassend halten wir fest, dass wir die Vorlage insgesamt ablehnen. Die Einführung einer E-ID muss zwingend eine staatliche Aufgabe bleiben. Sie darf unter keinen Umständen an private Dritte ausgelagert werden. Staatlich anerkannte Identitätsausweise müssen, in welcher Form auch immer, ausschliesslich vom Staat selbst ausgestellt und nachgeführt werden. Das Kostenargument darf hier nicht zum Tragen kommen.

Zudem muss der Bund sicherstellen, dass die Bürgerinnen und Bürger jederzeit das Recht haben, selber zu entscheiden, mit welchem Dokument sie sich ausweisen wollen. Dies gilt auch für die Authentifizierungs-Vorgaben von privaten Firmen. Der Bund ist in der Pflicht, diese anzuweisen, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, die digitale Selbstbestimmung zu wahren. Die im Bericht erwähnten Projekte „Passepartout fürs Internet“ von Credit Suisse, UBS und Swisscom sowie „SwissID“ von der Post und den SBB sehen eine Zwangsverpflichtung der KundInnen zu einer digitalen E-ID vor! Sie alle verletzen dieses Grundrecht massiv! Der Bundesrat ist daher aufgefordert, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen bzw. das Datenschutzrecht so anzupassen, dass die Kundinnen und Kunden die Angebote auch ohne SwissID wahrnehmen können.

Mit freundlichen Grüssen

Viktor Györffy, Präsident grundrechte.ch

 

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