Die Schwelle zum «Hooligan» ist tief

3. Februar 2013

Am 31. Januar 2013 hat Fedpol die neuesten Zahlen der Hooligan-Datenbank HOOGAN bekannt gegeben. Insgesamt sind per Ende Januar 2013 1,294 Personen registriert. Diese 1,294 «Hooligans» vereinigen 210 Rayonverbote und 500 Stadionverbote auf sich. Wenn diese total 710 aktiven Massnahmen von den 1,294 registrierten Personen subtrahiert werden, bleiben noch 584 Personen, welche ohne Massnahme registriert sind (in Wirklichkeit ist diese noch Zahl höher, da einzelne Personen sowohl eine Meldeauflage als auch ein Stadionverbot aufweisen können).

Wenn diese Zahlen mit den 200 bis 300 gewaltbereiten Hooligans, welche es schätzungsweise in der Schweiz gibt, verglichen werden, tauchen doch einige Fragen auf: Ist jeder gewaltbereite Hooligan vier Mal registriert, oder sind etwa ganz andere Personen in der Hooligan-Datenbank verzeichnet? Ist es sinnvoll, dass der Bund eine Stadionverbot-Datenbank führt (500 Stadionverbote stehen nur 210 Rayonverboten gegenüber)?

Ein Urteil aus St. Gallen vom 1. Februar 2013 mag etwas Licht ins Dunkel bringen: Wegen einer angeblichen Bagatelle beim Stadioneingang erhielt ein Besucher aus Basel nebst zwei Tagen Untersuchungshaft einen Strafbefehl wegen Tätlichkeiten und Landfriedensbruch mit 90 Tagessätzen à 30 Franken und einer Busse von 800 Franken, ein umfassendes Stadionverbot und einen Eintrag in HOOGAN. Dem Gericht lagen zwei Videos vor, die während der Verhandlung mehrmals angeschaut wurden. Die Aufnahmen zeigten, dass sich der Strafbefehlsempfänger nichts hat zuschulden kommen lassen. Der Einzelrichter sprach den jungen Schweizer von allen Vorwürfen frei. Damit ist aber der Eintrag in der Hooligan-Datenbank nicht gelöscht, vielmehr liegt es am Freigesprochenen, die Löschung des Eintrags zu verlangen, was Fedpol erfahrungsgemäss erst macht, wenn die Sache vor Bundesverwaltungsgericht anhängig gemacht wird.

Das peinlichste an dieser Story ist die Aussage von Stadtpolizei-Kommandant Pius Valier: Dass die Stadtpolizei mehrfach die Existenz von Videoaufnahmen verneinte, sei kein Fehler, es sei einfach ärgerlich...

Am 13. Februar 2013 lehnte der Bundesrat die Idee ab, bei Raserunfällen die mutmasslichen Täter immer in Untersuchungshaft zu setzen. Dies schreibt er in einem Bericht, den der Nationalrat bestellt hatte. Ein Automatismus würde gegen die Unschuldsvermutung und gegen das Prinzip der Verhältnismässigkeit verstossen. Bei der Untersuchungshaft handle es sich um eine schwere Zwangsmassnahme, die der inhaftierten Person die Freiheit entziehe und die in einem Spannungsverhältnis zur Unschuldsvermutung stehe. Ein solch schwerer Eingriff in die Grundrechte dürfe nur zur Anwendung kommen, wenn spezielle Gründe vorlägen, argumentiert der Bundesrat. Weshalb in St. Gallen, wo an Fussballspielen bei Bagatelldelikten immer alle Beteiligten für zwei Tage in Untersuchungshaft genommen werden, die Unschuldsvermutung und das Prinzip der Verhältnismässigkeit vollständig ausgehebelt sind, ist wohl ein Geheimnis von Karin Keller Sutter und Thomas Hansjakob.

Mit der Verschärfung des Hooligan-Konkordats soll die Schwelle für Einträge in HOOGAN noch tiefer gesetzt werden. Dies wird zwar die Zahl der registrierten Personen erhöhen, aber sonst nicht den geringsten Nutzen haben.

 

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