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Mitgliederbrief Juni 2020

Bern, im Juni 2020

Liebe Mitglieder, liebe Unterstützende

Wir hoffen, dass euch dieser Brief alle bei guter Gesundheit antrifft. Infolge der vom Bundesrat beschlossenen Corona-Massnahmen mussten wir unsere für den 12. Mai geplante Mitgliederversammlung aufschieben. Wir hoffen sehr, dass wir den Anlass im Herbst nachholen können, um im Hinblick auf die für November vorgesehene Abstimmung über die Elektronische Identität (E-ID) gemeinsam mit euch die Abstimmungs-Argumente zu diskutieren. Die Vorlage hat gute Chancen, abgelehnt zu werden. Wir sind nicht grundsätzlich gegen die Vorlage, aber wir verlangen, dass die datenschützerisch äusserst heikle Vergabe einer elektronischen Identität zwingend eine staatliche Aufgabe bleiben muss.

Wir machen uns auch Sorgen wegen der infolge der Corona-Krise vom Bundesrat erlassenen Versammlungsbeschränkungen. Die Beschränkungen werden zwar nun schrittweise gelockert. Die bisherige Umsetzung in der Praxis hält jedoch oft nicht vor der Meinungs- und Versammlungsfreiheit stand. Die Polizeiverantwortlichen haben die Beschränkungen meist fälschlicherweise als absolutes Kundgebungsverbot ausgelegt und haben jede Ausübung von Grundrechten auf öffentlichem Grund im Keim erstickt. Auch wurden die Bestimmungen nicht immer gleich konsequent durchgesetzt: Einzelne Personen oder kleinste Gruppen, die sich am 1. Mai unter Beachtung der Abstandsregeln kurz versammeln wollten, wurden weggewiesen und mit einer Strafanzeige bedroht, während grössere Anti-Corona-Proteste mehr oder weniger geduldet wurden. Die Antwort des Bundesrates auf die entsprechende Interpellation des Grünen Nationalrats Balthasar Glättli (s. Rückseite dieses Briefes) wird hier hoffentlich zur Klärung beitragen. Die Behörden sind nun auf jeden Fall aufgerufen, Meinungsäusserungen auf öffentlichem Grund, einschliesslich Spontankundgebungen, soweit als möglich zuzulassen. Nur so erhalten die Grundrechte wieder das ihnen zustehende Gewicht. Der Dachverband der Genfer Gewerkschaften hat gegen das faktische Kundgebungsverbot beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Klage eingereicht. Mit einem Urteil ist wohl erst in einigen Jahren zu rechnen, zumal zunächst geklärt werden muss, ob diese Klage überhaupt gültig ist.

Auch die Massnamen zur Nach-Verfolgung von Corona-Infizierten und deren Kontaktpersonen mit einer sogenannten Tracing App müssen gut beobachtet werden. Die Gesetzesgrundlage soll vom Parlament Ende Juni verabschiedet werden. Wir fordern, dass die erhobenen Personendaten geschützt bzw. anonymisiert bleiben müssen und dass es keine Verknüpfung mit GPS-Daten gibt. Eine Teilnahme muss freiwillig bleiben, und die Lohnfortzahlung bei Quarantäne in jedem Fall gesichert sein, vor allem für Personen, die nicht von zu Hause aus arbeiten können.

Etwas in den Hintergrund gerückt ist die sogenannte Crypto-Affäre, die seit Februar von der Geheimdienst-Kontrollkommission GPDel und von alt-Bundesrichter Niklaus Oberholzer untersucht wird. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse der «raschen und effizienten Aufklärung der Angelegenheit» über die Rolle der Geheimdienste, des Bundesrates und der weiteren «Mitwissenden» in dieser Affäre.

Sobald wir wissen, ob und wann wir unsere Mitgliederversammlung durchführen können, informieren wir euch umgehend. Bis dahin wünschen wir euch allen gute Gesundheit und viel Zuversicht. Mit herzlichem Dank für eure grossartige Unterstützung unseres Vereins verbleiben wir mit solidarischen Grüssen

RA Viktor Györffy, Präsident grundrechtech

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