BGE 1B_176/2016

3. Mai 2017

Bun­des­ge­richt

Tri­bu­nal fédéral

Tri­bu­na­le fe­dera­le

Tri­bu­nal fe­deral

{T0/2}

1B_176/2016

Ur­teil vom 11. April 2017

I. öf­fent­lich-recht­li­che Ab­tei­lung

Be­set­zung

Bun­des­rich­ter Mer­k­li, Prä­si­dent,

Bun­des­rich­ter Eu­se­bio, Kneu­büh­ler,

Ge­richts­schrei­ber Här­ri.

Ver­fah­rens­be­tei­lig­te

1. A.,

2. B.,

Be­schwer­de­füh­rer

ver­tre­ten durch Rechts­an­wäl­tin As­trid Da­vid Mül­ler,

ge­gen

Lu­zer­ner Po­li­zei,

Ka­si­mir-Pfyffer-Stras­se 26, 6002 Lu­zern,

Be­schwer­de­geg­ne­rin,

Staats­an­walt­schaft Ab­tei­lung 1 Lu­zern,

Eich­wil­stras­se 2, Post­fach 1662, 6011 Kri­ens,

Ober­staats­an­walt­schaft des Kan­tons Lu­zern, Zen­tral­stras­se 28, Post­fach 3439, 6002 Lu­zern.

Ge­gen­stand

Po­li­zei­li­che An­hal­tung,

Be­schwer­de ge­gen den Be­schluss vom 21. März 2016 des Kan­tons­ge­richts Lu­zern, 1. Ab­tei­lung.

Sach­ver­halt:

A.

Am Frei­tag­nach­mit­tag, 14. März 2014, pa­trouil­lier­ten die Po­li­zei­be­am­ten C. und D. in Zi­vil­klei­dung in der Lu­zer­ner Alt­stadt. Sie un­ter­zo­gen den Schwei­zer Bür­ger A. und den thai­län­di­schen Staats­an­ge­hö­ri­gen B., wel­che in ein­ge­tra­ge­ner Part­ner­schaft le­ben, ei­ner Iden­ti­täts­kon­trol­le. Da­bei kam es zu ei­ner ver­ba­len Aus­ein­an­der­set­zung. In der Fol­ge führ­ten die Po­li­zei­be­am­ten A. und B. zu Bo­den und leg­ten ih­nen Hand­schel­len an. Nach­dem in­zwi­schen auch uni­for­mier­te Po­li­zei­be­am­te ein­ge­trof­fen wa­ren, wur­den A. und B. zum Po­li­zei­ge­bäu­de ver­bracht. Dort wur­den sie ei­ner Lei­bes­vi­si­ta­ti­on un­ter­zo­gen und es wur­den ih­nen Fin­ger­ab­drü­cke ab­ge­nom­men. A. wur­de in ei­ner Zel­le un­ter­ge­bracht, de­ren Tü­re je­doch nicht ver­schlos­sen. Vor der Tü­re hielt der Po­li­zei­be­am­te C. Wa­che. B. wur­de wäh­rend zehn Mi­nu­ten in ei­ner Zel­le ein­ge­schlos­sen und muss­te sich im Ge­gen­satz zu A. nackt aus­zie­hen. A. und B. wur­de in der Fol­ge mit­ge­teilt, sie wür­den we­gen Ge­walt und Dro­hung ge­gen Be­am­te (Art. 285 StGB) bzw. Hin­de­rung ei­ner Amts­hand­lung (Art. 286 StGB) an­ge­zeigt und müss­ten sich an ei­nem be­stimm­ten Ter­min zur Ein­ver­nah­me ein­fin­den. Dar­auf wur­den sie ent­las­sen. Beim Vor­fall er­lit­ten A. und B. Schür­fun­gen und Prel­lun­gen.

B.

Mit irr­tüm­lich auf den 15. Fe­bru­ar 2014 da­tier­tem Schrei­ben vom 15. März 2014 wand­ten sich A. und B. an das Kom­man­do der Lu­zer­ner Po­li­zei; eben­so mit gleich­lau­ten­dem Schrei­ben vom 18. März 2014 an das Jus­tiz- und Si­cher­heits­de­par­te­ment des Kan­tons Lu­zern (im Fol­gen­den: De­par­te­ment). Dar­in be­schwer­ten sie sich über das Ver­hal­ten der Po­li­zei­be­am­ten C. und D. und mach­ten gel­tend, sie hät­ten sich nichts zu Schul­den kom­men las­sen. Trotz­dem hät­ten die bei­den Po­li­zei­be­am­ten sie wie ge­fähr­li­che Schwer­ver­bre­cher be­han­delt. Der Po­li­zei­be­am­te C. ha­be B. von An­fang an ge­duzt. A. und B. er­war­te­ten ei­ne Er­klä­rung und Ent­schul­di­gung der Lu­zer­ner Po­li­zei.

Die bei­den Schrei­ben wur­den zu­stän­dig­keits­hal­ber an das Lu­zer­ner Kan­tons­ge­richt wei­ter­ge­lei­tet.

Am 2. April 2014 teil­te der Prä­si­dent der Ab­tei­lung 1 des Kan­tons­ge­richts A. und B. mit, am Kan­tons­ge­richt wer­de ein Be­schwer­de­ver­fah­ren ge­mäss Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO ge­führt. Falls sie kein for­mel­les Be­schwer­de­ver­fah­ren wünsch­ten, bit­te das Kan­tons­ge­richt um ei­ne schrift­li­che Mit­tei­lung in­nert drei Ta­gen. In die­sem Fall wer­de das Ver­fah­ren oh­ne Kos­ten­fol­gen ab­ge­schrie­ben. A. und B. lies­sen dem Kan­tons­ge­richt dar­auf kei­ne ent­spre­chen­de Mit­tei­lung zu­kom­men.

C.

Am 18. März 2014 er­stat­te­te die Lu­zer­ner Po­li­zei ge­gen A. und B. Straf­an­zei­ge we­gen Ge­walt und Dro­hung ge­gen Be­am­te bzw. Hin­de­rung ei­ner Amts­hand­lung.

Am 16. April 2014 sis­tier­te das Kan­tons­ge­richt das Be­schwer­de­ver­fah­ren bis zum Ab­schluss der Straf­un­ter­su­chung ge­gen A. und B..

D.

Mit Straf­be­fehl vom 5. Ja­nu­ar 2015 auf­er­leg­te die Staats­an­walt­schaft Ab­tei­lung 1 Lu­zern (im Fol­gen­den: Staats­an­walt­schaft) A. we­gen Hin­de­rung ei­ner Amts­hand­lung ei­ne be­ding­te Geld­stra­fe von 20 Ta­ges­sät­zen zu je Fr. 80.-- und ei­ne Bus­se von Fr. 400.--; B. we­gen des glei­chen De­likts ei­ne be­ding­te Geld­stra­fe von 20 Ta­ges­sät­zen zu je Fr. 30.-- und ei­ne Bus­se von Fr. 300.--.

Da­ge­gen er­ho­ben A. und B. Ein­spra­che.

Mit Ur­teil vom 20. Au­gust 2015 sprach das Be­zirks­ge­richt Lu­zern A. und B. vom Vor­wurf der Hin­de­rung ei­ner Amts­hand­lung frei. Es be­fand, A. und B. hät­ten sich in ei­nem Sach­ver­halts­irr­tum (Art. 13 Abs. 1 StGB) be­fun­den. Sie sei­en im Zeit­punkt der Iden­ti­täts­kon­trol­le da­von aus­ge­gan­gen, dass es sich bei C. und D. um kei­ne ech­ten Po­li­zei­be­am­ten hand­le. Das Ur­teil des Be­zirks­ge­richts er­wuchs in Rechts­kraft.

E.

Am 14. Ja­nu­ar 2016 hob das Kan­tons­ge­richt die Sis­tie­rung des Be­schwer­de­ver­fah­rens auf.

Mit Be­schluss vom 21. März 2016 wies es die Be­schwer­den ab.

F.

A. und B. füh­ren Be­schwer­de in Straf­sa­chen mit dem An­trag, den Be­schluss des Kan­tons­ge­richts vom 21. März 2016 auf­zu­he­ben. Es sei fest­zu­stel­len, dass das Ver­hal­ten der Lu­zer­ner Po­li­zei­be­am­ten ge­gen­über den Be­schwer­de­füh­rern, de­ren Ver­haf­tung so­wie der Um­stand, dass sich B. in der Zel­le voll­stän­dig ha­be aus­zie­hen müs­sen, un­ver­hält­nis­mäs­sig und wi­der­recht­lich ge­we­sen sei­en. Even­tua­li­ter sei die Sa­che zur Neu­be­ur­tei­lung an das Kan­tons­ge­richt zu­rück­zu­wei­sen. Sub­even­tua­li­ter sei die Sa­che zur Durch­füh­rung ei­nes Be­schwer­de­ver­fah­rens ge­mäss §§ 180 ff. des Ge­set­zes des Kan­tons Lu­zern über die Ver­wal­tungs­rechts­pfle­ge (VRG/LU; SRL Nr. 40) an den Kan­ton zu­rück­zu­wei­sen.

G.

Die Lu­zer­ner Po­li­zei und die Staats­an­walt­schaft ha­ben auf Ver­nehm­las­sung ver­zich­tet.

Das Kan­tons­ge­richt hat Ge­gen­be­mer­kun­gen ein­ge­reicht. Es be­an­tragt die Ab­wei­sung der Be­schwer­de, so­weit dar­auf ein­zu­tre­ten sei.

Die Ober­staats­an­walt­schaft des Kan­tons Lu­zern hat sich ver­neh­men las­sen mit dem An­trag, die Be­schwer­de ab­zu­wei­sen.

A. und B. ha­ben ei­ne Re­plik ein­ge­reicht.

Er­wä­gun­gen:

1.

1.1. Ge­gen den an­ge­foch­te­nen Ent­scheid, der in An­wen­dung der Schwei­ze­ri­schen Straf­pro­zess­ord­nung er­gan­gen ist, ist ge­mäss Art. 78 Abs. 1 BGG die Be­schwer­de in Straf­sa­chen ge­ge­ben.

1.2. Ein kan­to­na­les Rechts­mit­tel steht nicht zur Ver­fü­gung. Die Be­schwer­de ist da­her ge­mäss Art. 80 BGG zu­läs­sig.

1.3. Die Be­schwer­de­füh­rer ha­ben am Ver­fah­ren vor der Vor­in­stanz teil­ge­nom­men. Sie ha­ben - un­ter Vor­be­halt der fol­gen­den Er­wä­gun­gen (un­ten E. 2.3) - ein recht­lich ge­schütz­tes In­ter­es­se an der Auf­he­bung oder Än­de­rung des an­ge­foch­te­nen Ent­scheids. Die Zwangs­mass­nah­men rich­te­ten sich ge­gen sie als Be­schul­dig­te. Sie sind des­halb ge­mäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 1 zur Be­schwer­de be­fugt.

Die Be­schwer­de­füh­rer ha­ben nach wie vor ein ak­tu­el­les prak­ti­sches In­ter­es­se an der Be­hand­lung der Be­schwer­de. Sie ha­ben ge­gen die Po­li­zei­be­am­ten C. und D. Straf­an­zei­ge we­gen Tät­lich­keit, Kör­per­ver­let­zung und Amts­miss­brauchs ein­ge­reicht. Die­ses Ver­fah­ren ist bei der Staats­an­walt­schaft of­fen­bar noch hän­gig. Stellt das Bun­des­ge­richt hier - wie be­an­tragt - die Rechts­wid­rig­keit des Vor­ge­hens der Po­li­zei­be­am­ten fest, ver­bes­sert das die Stel­lung der Be­schwer­de­füh­rer in je­nem Ver­fah­ren.

Hin­zu kommt Fol­gen­des: Die Be­schwer­de­füh­rer rü­gen un­ter an­de­rem ei­ne Ver­let­zung von Art. 3 EM­RK, wo­nach nie­mand er­nied­ri­gen­der Be­hand­lung un­ter­wor­fen wer­den darf. Liegt ei­ne Ver­let­zung die­ser Be­stim­mung vor, ha­ben die Be­schwer­de­füh­rer An­spruch auf ei­ne ent­spre­chen­de Fest­stel­lung. Da­mit kann ei­ne Ver­let­zung der EM­RK wie­der­gut­ge­macht wer­den (vgl. Art. 41 EM­RK; BGE 136 I 274 E. 2.3 S. 278 mit Hin­wei­sen).

1.4. Das Be­zirks­ge­richt schloss das Straf­ver­fah­ren ge­gen die Be­schwer­de­füh­rer mit Ur­teil vom 20. Au­gust 2015 rechts­kräf­tig ab. Das Be­schwer­de­ver­fah­ren war da­mals sis­tiert und der an­ge­foch­te­ne Ent­scheid er­ging da­nach. Er ist des­halb nicht als Zwi­schen-, son­dern als End­ent­scheid zu be­trach­ten. Die Be­schwer­de ist da­her ge­mäss Art. 90 BGG zu­läs­sig.

1.5. Die wei­te­ren Sa­chur­teils­vor­aus­set­zun­gen sind eben­falls er­füllt und ge­ben zu kei­nen Be­mer­kun­gen An­lass.

2.

2.1. Die Vor­in­stanz be­han­del­te die von den Be­schwer­de­füh­rern per­sön­lich ver­fass­ten Ein­ga­ben vom 15. und 18. März 2014 als Be­schwer­de. Die Lu­zer­ner Po­li­zei liess sich da­zu am 17. Fe­bru­ar 2016 ver­neh­men. Am 1. März 2016 reich­te die An­wäl­tin der Be­schwer­de­füh­rer, wel­che die­se im Mai 2014 mit der Wah­rung ih­rer In­ter­es­sen be­auf­tragt hat­ten, der Vor­in­stanz ei­ne Re­plik ein.

Die Vor­in­stanz er­wägt, die Re­plik ent­hal­te neue Vor­brin­gen. Streit­ge­gen­stand in der Be­schwer­de sei­en we­der die er­ken­nungs­dienst­li­che Be­hand­lung der Be­schwer­de­füh­rer noch die Wi­der­recht­lich­keit bzw. die Un­ver­hält­nis­mäs­sig­keit der Lei­bes­vi­si­ta­ti­on des Be­schwer­de­füh­rers 2, son­dern die in die­sem Zu­sam­men­hang an­geb­lich auf Ras­sis­mus und Aus­län­der­feind­lich­keit hin­aus­lau­fen­de Un­gleich­be­hand­lung zwi­schen den Be­schwer­de­füh­rern, da sich der Be­schwer­de­füh­rer 2 im Ge­gen­satz zum Be­schwer­de­füh­rer 1 in der Zel­le ha­be nackt aus­zie­hen müs­sen. Die in der Re­plik er­ho­be­nen neu­en Rü­gen hät­ten die Be­schwer­de­füh­rer be­reits in der Be­schwer­de vor­brin­gen kön­nen und müs­sen. Auf die­se Rü­gen kön­ne da­her nicht ein­ge­tre­ten wer­den (an­ge­foch­te­ner Ent­scheid E. 2.1 f. S. 3 f.).

2.2. Die Be­schwer­de­füh­rer ma­chen gel­tend, der an­ge­foch­te­ne Ent­scheid ver­let­ze in­so­weit das Ver­bot des über­spitz­ten For­ma­lis­mus (Art. 29 Abs. 1 BV) so­wie Art. 385 Abs. 2 und Art. 391 Abs. 1 StPO.

2.3. Zwar ist die Vor­in­stanz in ih­ren ein­lei­ten­den Er­wä­gun­gen auf die in der Re­plik ent­hal­te­nen, von ihr als neu ein­ge­stuf­ten Vor­brin­gen for­mell nicht ein­ge­tre­ten. In der Fol­ge hat sie sich gleich­wohl da­zu ge­äus­sert. Das gilt so­wohl für die Lei­bes­vi­si­ta­ti­on des Be­schwer­de­füh­rers 2 als auch die er­ken­nungs­dienst­li­che Be­hand­lung der Be­schwer­de­füh­rer (an­ge­foch­te­ner Ent­scheid S. 13 f.). Da­mit ist die­sen aus den von ih­nen im vor­lie­gen­den Zu­sam­men­hang gel­tend ge­mach­ten Rechts­ver­let­zun­gen im Er­geb­nis kein Nach­teil ent­stan­den. Sie sind in­so­weit nicht be­schwert, wes­halb auf die Be­schwer­de in die­sem Punkt nicht ein­zu­tre­ten ist.

3.

3.1. Die Lu­zer­ner Po­li­zei sand­te der Vor­in­stanz mit der Ein­ga­be der Be­schwer­de­füh­rer vom 15. März 2014 das Po­li­zei­jour­nal vom 14. März 2014 zu. Am 16. April 2014 schick­te die Vor­in­stanz das Po­li­zei­jour­nal an die Po­li­zei zu­rück. Die Be­schwer­de­füh­rer ver­lang­ten in der Fol­ge den Bei­zug des Po­li­zei­jour­nals, was die Vor­in­stanz im an­ge­foch­te­nen Ent­scheid (E. 2.7. S. 17) ab­lehn­te. Die Be­schwer­de­füh­rer rü­gen, da­mit ha­be die Vor­in­stanz ihr recht­li­ches Ge­hör ver­letzt (Be­schwer­de S. 23).

3.2. Ge­mäss Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO ha­ben die Par­tei­en An­spruch auf recht­li­ches Ge­hör. Nach der Recht­spre­chung liegt kei­ne Ver­let­zung des recht­li­chen Ge­hörs vor, wenn ein Ge­richt auf die Ab­nah­me be­an­trag­ter Be­weis­mit­tel ver­zich­tet, weil es auf Grund der be­reits ab­ge­nom­me­nen Be­wei­se sei­ne Über­zeu­gung ge­bil­det hat und oh­ne Will­kür in vor­weg­ge­nom­me­ner (an­ti­zi­pier­ter) Be­weis­wür­di­gung an­neh­men kann, dass sei­ne Über­zeu­gung durch wei­te­re Be­weis­er­he­bun­gen nicht ge­än­dert wür­de (BGE 141 I 60 E. 3.3 S. 64 mit Hin­weis).

Will­kür­lich ist ein Ent­scheid nicht schon, wenn ei­ne an­de­re Lö­sung eben­falls ver­tret­bar er­scheint oder gar vor­zu­zie­hen wä­re, son­dern erst, wenn er of­fen­sicht­lich un­halt­bar ist, zur tat­säch­li­chen Si­tua­ti­on in kla­rem Wi­der­spruch steht oder in stos­sen­der Wei­se dem Ge­rech­tig­keits­ge­dan­ken zu­wi­der­läuft. Will­kür liegt nur vor, wenn nicht bloss die Be­grün­dung ei­nes Ent­schei­des, son­dern auch das Er­geb­nis un­halt­bar ist (BGE 142 II 369 E. 4.3 S. 380 mit Hin­wei­sen).

3.3. Die Vor­in­stanz hat den von den Be­schwer­de­füh­rern ver­lang­ten Bei­zug des Po­li­zei­jour­nals in an­ti­zi­pier­ter Be­weis­wür­di­gung ab­ge­lehnt, da es am Be­wei­s­er­geb­nis nichts We­sent­li­ches än­dern könn­te.

Die Be­schwer­de­füh­rer le­gen nicht dar, in­wie­fern die an­ti­zi­pier­te Be­weis­wür­di­gung der Vor­in­stanz will­kür­lich sein soll. Sie ge­nü­gen in­so­weit ih­rer Be­grün­dungs­pflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG) nicht, wes­halb im vor­lie­gen­den Punkt auf die Be­schwer­de nicht ein­ge­tre­ten wer­den kann.

Hät­te es sich an­ders ver­hal­ten, hät­te das den Be­schwer­de­füh­rern im Üb­ri­gen nicht ge­hol­fen. Das Po­li­zei­jour­nal bil­de­te die Grund­la­ge des Po­li­zei­rap­ports vom 18. März 2014, der in den Ak­ten liegt und in den die Be­schwer­de­füh­rer Ein­sicht hat­ten. Da die Po­li­zei das Po­li­zei­jour­nal ver­fasst hat, kann so­dann nicht an­ge­nom­men wer­den, dass sich dar­in et­was für die be­tei­lig­ten Po­li­zei­be­am­ten Nach­tei­li­ges fin­den könn­te. Die an­ti­zi­pier­te Be­weis­wür­di­gung der Vor­in­stanz hät­te da­her je­den­falls im Er­geb­nis nicht als will­kür­lich an­ge­se­hen wer­den kön­nen.

4.

4.1. Die Be­schwer­de­füh­rer brin­gen vor, die Sach­ver­halts­fest­stel­lun­gen der Vor­in­stanz sei­en in ver­schie­de­ner Hin­sicht of­fen­sicht­lich un­halt­bar.

4.2. Ge­mäss Art. 97 Abs. 1 BGG kann die Fest­stel­lung des Sach­ver­halts nur ge­rügt wer­den, wenn sie of­fen­sicht­lich un­rich­tig ist (...) und die Be­he­bung des Man­gels für den Aus­gang des Ver­fah­rens ent­schei­dend sein kann.

Of­fen­sicht­lich un­rich­tig be­deu­tet will­kür­lich. Rügt der Be­schwer­de­füh­rer ei­ne will­kür­li­che Sach­ver­halts­fest­stel­lung, trifft ihn ei­ne qua­li­fi­zier­te Be­grün­dungs­pflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bun­des­ge­richt prüft nur klar und de­tail­liert er­ho­be­ne und, so­weit mög­lich, be­leg­te Rü­gen. Auf ap­pel­la­to­ri­sche Kri­tik an der vor­in­stanz­li­chen Be­weis­wür­di­gung tritt es nicht ein (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1 S. 253; 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f.; je mit Hin­wei­sen).

4.3. Die Be­schwer­de­füh­rer ma­chen gel­tend, die An­nah­me der Vor­in­stanz, der Be­schwer­de­füh­rer 1 ha­be bei der An­hal­tung ei­nen Po­li­zei­be­am­ten un­ge­fähr ei­nen hal­ben Me­ter weg­ge­stos­sen, sei of­fen­sicht­lich un­rich­tig.

Nach dem Po­li­zei­rap­port vom 18. März 2014 stiess der Be­schwer­de­füh­rer 1 den Po­li­zei­be­am­ten C. ge­gen die Brust. Das be­stä­tig­te der Po­li­zei­be­am­te C. in sei­ner Ein­ver­nah­me vom 10. Ju­ni 2014. Der Be­schwer­de­füh­rer 1 ha­be ihn "viel­leicht ein hal­ben Me­ter" weg­ge­stos­sen. Der Po­li­zei­be­am­te D. sag­te in sei­ner Ein­ver­nah­me vom 10. Ju­ni 2014 aus, der Be­schwer­de­füh­rer 1 ha­be den Po­li­zei­be­am­ten C. weg­ge­stos­sen. Die­ser sei nicht um­ge­fal­len, ha­be aber ei­nen Schritt nach hin­ten ma­chen müs­sen.

Der Be­schwer­de­füh­rer 1 gab in sei­ner Ein­ver­nah­me vom 7. Au­gust 2014 an, kurz be­vor er am Bo­den ge­le­gen sei, sei ihm der Po­li­zei­be­am­te C. sehr na­he ge­kom­men; er ha­be die­sen von sich ab­ge­wehrt. In der be­zirks­ge­richt­li­chen Be­fra­gung vom 20. Au­gust 2015 sag­te der Be­schwer­de­füh­rer 1 aus, ei­ner der Po­li­zis­ten sei sehr na­he an ihn her­an­ge­tre­ten und er ha­be die­sen dann leicht weg­ge­scho­ben.

Der Be­schwer­de­füh­rer 2 gab in der be­zirks­ge­richt­li­chen Ein­ver­nah­me vom 20. Au­gust 2015 zu Pro­to­koll, der Po­li­zei­be­am­te C. sei dem Be­schwer­de­füh­rer 1 sehr na­he ge­kom­men. Der Be­schwer­de­füh­rer 1 ha­be den Po­li­zei­be­am­ten dann ein biss­chen weg­ge­drückt, um Ab­stand zu schaf­fen.

Die Be­schwer­de­füh­rer räu­men dem­nach ein, dass der Be­schwer­de­füh­rer 1 den Po­li­zei­be­am­ten C. kör­per­lich an­ge­gan­gen hat. Die Sach­ver­halts­an­nah­me der Vor­in­stanz kann da­her nicht als of­fen­sicht­lich un­rich­tig be­ur­teilt wer­den.

4.4. Die Vor­in­stanz er­ach­tet das Vor­brin­gen der Be­schwer­de­füh­rer als un­glaub­haft, sie hät­ten an­ge­nom­men, es mit fal­schen Po­li­zis­ten zu tun ge­habt zu ha­ben. Die Be­schwer­de­füh­rer rü­gen, auch da­mit ver­fal­le die Vor­in­stanz in Will­kür.

Die Vor­in­stanz er­wägt, die Be­schwer­de­füh­rer hät­ten im Ver­lauf ih­rer Ge­gen­wehr er­ken­nen müs­sen, dass durch die zu­neh­men­de Zahl an Schau­lus­ti­gen der Öf­fent­lich­keit aus­ge­setz­te fal­sche Po­li­zis­ten nicht auf der Aus­weis­kon­trol­le be­harrt, son­dern sich rasch da­von­ge­macht hät­ten, um un­er­kannt zu blei­ben. Hin­zu kom­me, dass es ein­zig um ei­ne Aus­weis­kon­trol­le ge­gan­gen sei, was ei­ne ty­pi­sche Hand­lung der Po­li­zei dar­stel­le. Die Be­schwer­de­füh­rer mach­ten nicht gel­tend und es sei nicht ak­ten­kun­dig, dass die Po­li­zei­be­am­ten von ih­nen un­ter ei­nem Vor­wand Geld oder Wert­sa­chen her­aus­ver­langt hät­ten. Bei ver­nünf­ti­ger Über­le­gung hät­ten die Be­schwer­de­füh­rer da­her er­ken­nen müs­sen, dass es sich um ech­te Po­li­zei­be­am­te ge­han­delt ha­be, auch wenn die­se Zi­vil­klei­dung ge­tra­gen hät­ten.

Die­se Er­wä­gun­gen sind nicht of­fen­sicht­lich un­halt­bar. Der an­ge­foch­te­ne Ent­scheid ist auch in­so­weit nicht will­kür­lich.

4.5. Die Vor­in­stanz nimmt an, der Vor­wurf der Be­schwer­de­füh­rer, der Po­li­zei­be­am­te C. ha­be den Be­schwer­de­füh­rer 2 ge­duzt, sei zu we­nig er­här­tet. Die Be­schwer­de­füh­rer ma­chen gel­tend, die­se Auf­fas­sung sei of­fen­sicht­lich un­halt­bar.

Die Be­schwer­de­füh­rer ge­ben an, der Po­li­zei­be­am­te C. ha­be den Be­schwer­de­füh­rer 2 ge­duzt. Die Po­li­zei­be­am­ten be­strei­ten das. Es be­steht so­mit Aus­sa­ge ge­gen Aus­sa­ge. Bei ei­ner der­ar­ti­gen Be­weis­la­ge kommt den Be­ob­ach­tun­gen un­be­tei­lig­ter Drit­ter er­heb­li­che Be­deu­tung zu.

Am Frei­tag­nach­mit­tag, 14. März 2014, herrsch­te schö­nes Wet­ter und es hiel­ten sich ent­spre­chend vie­le Men­schen in der Lu­zer­ner Alt­stadt auf. Um die Be­schwer­de­füh­rer und die bei­den Po­li­zei­be­am­ten her­um bil­de­te sich ei­ne Men­schen­men­ge. Ei­ne Per­son aus die­ser Men­ge, E., be­schwer­te sich am 14. März 2014 te­le­fo­nisch bei der Lu­zer­ner Po­li­zei über das Vor­ge­hen der Po­li­zei­be­am­ten. Nach­dem ihr ge­sagt wor­den war, sie sol­le sich schrift­lich auf der Web­sei­te der Lu­zer­ner Po­li­zei äus­sern, tat sie das. Sie schrieb un­ter an­de­rem, sie ha­be mit Er­schüt­te­rung be­ob­ach­tet, wie zwei an­geb­li­che Po­li­zis­ten zwei an­de­re Män­ner an­ge­hal­ten und ver­haf­tet hät­ten. Die Si­tua­ti­on sei sehr be­un­ru­hi­gend ge­we­sen. Die Po­li­zis­ten hät­ten kei­ne Uni­form ge­tra­gen. Sie sei­en sehr ag­gres­siv ge­we­sen und hät­ten al­le ge­duzt. Die bei­den Po­li­zei­be­am­ten hät­ten sich nicht aus­wei­sen kön­nen, wes­halb nie­mand ge­wusst ha­be, ob sie tat­säch­lich Po­li­zis­ten sei­en. Als sie, E., die Po­li­zei­be­am­ten an­ge­spro­chen ha­be, was los sei, ha­be sie ei­ner der Be­am­ten an­ge­schrien. Dann sei die uni­for­mier­te Po­li­zei ein­ge­trof­fen und die zwei an­ge­hal­te­nen Män­ner sei­en mit­ge­nom­men wor­den. Im Nach­hin­ein hät­ten ei­ni­ge Leu­te die bei­den Po­li­zei­be­am­ten auf ihr ar­ro­gan­tes und ag­gres­si­ves Ver­hal­ten an­ge­spro­chen. De­ren Re­ak­ti­on sei­en ein ab­wer­ten­des Hand­zei­chen und ein paar Schimpf­wör­ter ge­we­sen. Al­le Per­so­nen, wel­che die Sze­ne be­ob­ach­tet hät­ten, sei­en em­pört ge­we­sen.

Am 10. Sep­tem­ber 2014, al­so knapp ein hal­bes Jahr nach dem Vor­fall, be­frag­te die Staats­an­walt­schaft E. als Zeu­gin. An ge­wis­se Ein­zel­hei­ten konn­te sich die­se nicht mehr er­in­nern. Sie gab an, in der schrift­li­chen Mit­tei­lung an die Po­li­zei un­mit­tel­bar nach dem Vor­fall ha­be sie ih­rer An­sicht nach al­les de­tail­liert dar­ge­stellt. Die Zeu­gin sag­te aus, sie und ei­ne an­de­re Frau hät­ten die bei­den Po­li­zei­be­am­ten dar­auf an­ge­spro­chen, dass es nicht fair ge­we­sen sei, wie sie die Be­schwer­de­füh­rer be­han­delt hät­ten. Die bei­den Po­li­zei­be­am­ten hät­ten dann "hau ab" ge­sagt und da­zu ei­ne ent­spre­chen­de Ges­te mit der Hand ge­macht.

Die Aus­sa­gen der Zeu­gin stel­len ein ge­wich­ti­ges In­diz da­für dar, dass der Po­li­zei­be­am­te C. den Be­schwer­de­füh­rer 2 ge­duzt hat. Wenn der Po­li­zei­be­am­te "al­le" und da­mit selbst ei­ne un­be­tei­lig­te Pas­san­tin wie die Zeu­gin ("hau ab") ge­duzt hat, liegt der Schluss na­he, dass er das ge­gen­über dem Be­schwer­de­füh­rer 2, mit dem er in ei­ne hef­ti­ge Aus­ein­an­der­set­zung ver­wi­ckelt war, erst recht tat. Bei der Zeu­gin han­delt es sich um ei­ne heu­te 38-jäh­ri­ge Leh­re­rin. Grün­de, die an der Glaub­wür­dig­keit ih­rer Per­son oder an der Glaub­haf­tig­keit ih­rer Aus­sa­gen Zwei­fel er­we­cken könn­ten, nennt die Vor­in­stanz nicht und sind nicht er­sicht­lich.

Un­strei­tig hat über­dies der Po­li­zei­be­am­te C. bei der Aus­ein­an­der­set­zung mit den Be­schwer­de­füh­rern - was die Vor­in­stanz als un­ge­hö­rig be­zeich­net - Kraft­aus­drü­cke ver­wen­det ("Bull­s­hit", "Ras­sis­mus­scheis­se"). Dies lässt die Aus­sa­gen der Zeu­gin be­tref­fend das Du­zen erst recht als glaub­haft er­schei­nen.

Un­ter die­sen Um­stän­den ist es un­halt­bar, wenn die Vor­in­stanz an­nimmt, der Vor­wurf der Be­schwer­de­füh­rer, der Po­li­zei­be­am­te C. ha­be den Be­schwer­de­füh­rer 2 ge­duzt, sei nicht ge­nü­gend er­här­tet. Die Be­schwer­de ist in die­sem Punkt be­grün­det.

4.6. Die Vor­in­stanz legt dar, aus den Ak­ten ge­he nicht her­vor, dass die Be­schwer­de­füh­rer be­reits im Rah­men der Hand­fes­se­lung vor Ort auf Ge­gen­stän­de wie Die­bes­gut über den Klei­dern ab­ge­tas­tet wor­den sei­en. Viel­mehr ha­be die Lei­bes­vi­si­ta­ti­on im Po­li­zei­ge­bäu­de statt­ge­fun­den.

Die Be­schwer­de­füh­rer rü­gen auch die­se Sach­ver­halts­fest­stel­lung als will­kür­lich. Im Po­li­zei­rap­port wer­de dar­ge­legt, bei der Kon­trol­le der mit­ge­führ­ten Ef­fek­ten sei beim Be­schwer­de­füh­rer 1 ei­ne Iden­ti­täts­kar­te und beim Be­schwer­de­füh­rer 2 ein Aus­län­der­aus­weis zum Vor­schein ge­kom­men. Die For­mu­lie­rung "zum Vor­schein ge­kom­men" le­ge den Schluss na­he, dass die Po­li­zei­be­am­ten die auf dem Bo­den lie­gen­den Be­schwer­de­füh­rer ab­ge­tas­tet hät­ten.

Wie die Be­schwer­de­füh­rer sel­ber dar­le­gen, ha­ben nach dem Po­li­zei­rap­port die bei­den Po­li­zei­be­am­ten bei der An­hal­tung die von den Be­schwer­de­füh­rern mit­ge­führ­ten Ef­fek­ten kon­trol­liert. Da­bei han­delt es sich um Ta­schen, Rei­se­ge­päck und ähn­li­ches (THO­MAS HANS­JA­KOB, in: Do­natsch und an­de­re [Hrsg.], Kom­men­tar zur Schwei­ze­ri­schen Straf­pro­zess­ord­nung, 2. Aufl. 2014, N. 4 zu Art. 250 StPO). Die Kon­trol­le sol­cher Ge­gen­stän­de er­for­dert kein Ab­tas­ten über den Klei­dern. Das Vor­brin­gen der Be­schwer­de­füh­rer ist da­her nicht ge­eig­net, den an­ge­foch­te­nen Ent­scheid im vor­lie­gen­den Punkt als of­fen­sicht­lich un­halt­bar er­schei­nen zu las­sen.

4.7. Die Vor­in­stanz führt aus, der Po­li­zei­be­am­te ha­be beim Be­schwer­de­füh­rer 1 im Po­li­zei­ge­bäu­de die Lei­bes­vi­si­ta­ti­on noch nicht oder zu­min­dest nicht voll­stän­dig durch­füh­ren kön­nen, weil er mit die­sem kein ver­nünf­ti­ges Ge­spräch ha­be füh­ren kön­nen.

Die Be­schwer­de­füh­rer rü­gen auch in­so­weit Will­kür. Aus dem Po­li­zei­rap­port er­ge­be sich, dass sich der Be­schwer­de­füh­rer 1 im Ge­gen­satz zum Be­schwer­de­füh­rer 2 nicht ge­gen das Ver­brin­gen zum Po­li­zei­ge­bäu­de ge­wehrt ha­be.

Das Vor­brin­gen ist un­be­hel­flich. Wenn sich der Be­schwer­de­füh­rer 1 nicht ge­gen sein Ver­brin­gen zum Po­li­zei­ge­bäu­de ge­wehrt hat, schliesst das nicht aus, dass mit ihm dort kein ver­nünf­ti­ges Ge­spräch ge­führt wer­den konn­te; dies um­so we­ni­ger, als der Be­schwer­de­füh­rer 1 über sei­ne Be­hand­lung durch die Po­li­zei­be­am­ten un­strei­tig auf­ge­bracht war. Will­kür ist auch in­so­weit zu ver­nei­nen.

4.8. Was die Be­schwer­de­füh­rer ge­gen die vor­in­stanz­li­che Sach­ver­halts­fest­stel­lung sonst noch vor­brin­gen, er­schöpft sich in ap­pel­la­to­ri­scher Kri­tik. Dar­auf ist nicht ein­zu­tre­ten.

5.

5.1. Die Be­schwer­de­füh­rer brin­gen vor, ih­re "Ver­haf­tung" sei un­zu­läs­sig ge­we­sen.

5.2. Ge­gen die Be­schwer­de­füh­rer wur­de kei­ne Haft ge­mäss Art. 220 ff. StPO an­ge­ord­net. Sie wur­den so­mit nicht im Rechts­sin­ne ver­haf­tet.

Art. 215 StPO re­gelt die po­li­zei­li­che An­hal­tung. Da­nach kann die Po­li­zei im In­ter­es­se der Auf­klä­rung ei­ner Straf­tat ei­ne Per­son an­hal­ten und wenn nö­tig auf den Po­li­zei­pos­ten brin­gen, um (a) ih­re Iden­ti­tät fest­zu­stel­len, (b) sie kurz zu be­fra­gen, (c) ab­zu­klä­ren, ob sie ei­ne Straf­tat be­gan­gen hat, oder (d) ab­zu­klä­ren, ob nach ihr oder nach Ge­gen­stän­den, die sich in ih­rem Ge­wahr­sam be­fin­den, ge­fahn­det wird (Abs. 1). Die Po­li­zei kann die an­ge­hal­te­ne Per­son ver­pflich­ten, (a) ih­re Per­so­na­li­en an­zu­ge­ben, (b) Aus­weis­pa­pie­re vor­zu­le­gen, (c) mit­ge­führ­te Sa­chen vor­zu­zei­gen oder (d) Be­hält­nis­se oder Fahr­zeu­ge zu öff­nen (Abs. 2).

Die po­li­zei­li­che An­hal­tung dient der Er­mitt­lung ei­ner all­fäl­li­gen Ver­bin­dung zwi­schen der an­ge­hal­te­nen Per­son und ei­ner Straf­tat. Ziel der An­hal­tung ist es, die Iden­ti­tät zu über­prü­fen und fest­zu­stel­len, ob nach den Um­stän­den der kon­kre­ten Si­tua­ti­on ein Zu­sam­men­hang der be­tref­fen­den Per­son mit De­lik­ten als mög­lich er­scheint. Ein kon­kre­ter Tat­ver­dacht ist nicht er­for­der­lich (BGE 142 IV 129 E. 2.2 S. 133; 139 IV 128 E. 1.2 S. 131).

Die Ver­brin­gung der an­ge­hal­te­nen Per­son auf den Po­li­zei­pos­ten kann dann nö­tig sein, wenn sich die er­for­der­li­chen Ab­klä­run­gen an Ort und Stel­le nicht oder bloss mit Schwie­rig­kei­ten vor­neh­men las­sen (AL­BER­TI­NI/ARM­BRUS­TER, in: Schwei­ze­ri­sche Straf­pro­zess­ord­nung, Bas­ler Kom­men­tar, 2. Aufl. 2014, N. 17 zu Art. 215 StPO).

5.3. Die Be­schwer­de­füh­rer le­gen nicht dar, in­wie­fern die Vor­in­stanz Art. 215 StPO ver­letzt ha­ben soll. Die Be­schwer­de dürf­te da­her im vor­lie­gen­den Punkt den Be­grün­dungs­an­for­de­run­gen von Art. 42 Abs. 2 BGG nicht ge­nü­gen (vgl. BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 mit Hin­weis). Wie es sich da­mit ver­hält, kann je­doch da­hin­ge­stellt blei­ben. Ei­ne Ver­let­zung von Art. 215 StPO ist je­den­falls zu ver­nei­nen.

5.4.

5.4.1. Am Tag des Vor­falls herrsch­te, wie ge­sagt, schö­nes Wet­ter, wes­halb sich vie­le Men­schen in der Lu­zer­ner Alt­stadt auf­hiel­ten. In ei­ner der­ar­ti­gen Si­tua­ti­on kom­men Ta­schen­dieb­stäh­le ge­häuft vor. Die bei­den Po­li­zei­be­am­ten be­ob­ach­te­ten die Be­schwer­de­füh­rer, wel­che zu­sam­men in der Alt­stadt un­ter­wegs wa­ren. Vor ei­nem Wa­ren­haus trenn­ten sich die Be­schwer­de­füh­rer. Der Be­schwer­de­füh­rer 2 stell­te sich vor den Ein­gang des Wa­ren­hau­ses hin und schau­te Leu­te an, wel­che die­ses be­tra­ten und ver­lies­sen. Da­bei te­le­fo­nier­te er. Der Be­schwer­de­füh­rer 1 stell­te sich in ei­ner ge­wis­sen Dis­tanz zum Be­schwer­de­füh­rer 2 hin. Vor ei­nem wei­te­ren Wa­ren­haus wie­der­hol­te sich das­sel­be Sze­na­rio. Da ein der­ar­ti­ges Ver­hal­ten ty­pisch für Ta­schen­die­be ist, woll­ten die Po­li­zei­be­am­ten wis­sen, ob die Be­schwer­de­füh­rer al­len­falls mit sol­chen Dieb­stäh­len in Ver­bin­dung ste­hen könn­ten. Die Po­li­zei­be­am­ten ent­schlos­sen sich des­halb, die Be­schwer­de­füh­rer ei­ner Per­so­nen­kon­trol­le zu un­ter­zie­hen und for­der­ten die­se auf, ih­re Aus­weis­pa­pie­re vor­zu­zei­gen. Da­zu wa­ren die Po­li­zei­be­am­ten ge­mäss Art. 215 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. b StPO be­rech­tigt.

5.4.2. Ge­mäss Art. 215 Abs. 1 StPO kann die Po­li­zei ei­ne an­ge­hal­te­ne Per­son "wenn nö­tig" auf den Po­li­zei­pos­ten brin­gen. Die­se Be­stim­mung ver­weist da­mit auf den Grund­satz der Ver­hält­nis­mäs­sig­keit (Art. 197 Abs. 1 lit. c und d StPO, Art. 36 Abs. 3 BV).

Die Be­schwer­de­füh­rer be­strei­ten nicht, dass sie sich bei der An­hal­tung wi­der­spens­tig ver­hiel­ten; dies, weil sie nach ih­ren An­ga­ben glaub­ten, es mit fal­schen Po­li­zis­ten zu tun zu ha­ben. Nach den will­kürfrei­en Dar­le­gun­gen der Vor­in­stanz (oben E. 4.4) muss­te den Be­schwer­de­füh­rern je­doch spä­tes­tens, als sich um sie her­um ei­ne Men­schen­men­ge bil­de­te und sich die Po­li­zei­be­am­ten des­sen un­ge­ach­tet nicht da­von­mach­ten, be­wusst sein, dass es sich um ech­te Po­li­zis­ten han­del­te, zu­mal die­se le­dig­lich die Aus­weis­pa­pie­re se­hen woll­ten und kei­ne Wert­sa­chen her­aus­ver­lang­ten. Gleich­wohl ver­hiel­ten sich die Be­schwer­de­füh­rer wei­ter­hin re­ni­tent, schrien und wehr­ten sich kör­per­lich. Un­ter die­sen Um­stän­den war es schon schwer mög­lich, die Iden­ti­tät der Be­schwer­de­füh­rer ver­läss­lich fest­zu­stel­len (Art. 215 Abs. 1 lit. a StPO). Erst recht war ei­ne sach­li­che kur­ze Be­fra­gung (Art. 215 Abs. 1 lit. b StPO) aus­ge­schlos­sen. Wenn die Po­li­zei­be­am­ten die Ver­brin­gung der Be­schwer­de­füh­rer auf den Po­li­zei­pos­ten als nö­tig er­ach­te­ten, ver­letzt das da­her kein Bun­des­recht.

Hin­zu kommt Fol­gen­des: Auf­grund des re­ni­ten­ten Ver­hal­tens der Be­schwer­de­füh­rer bei der An­hal­tung er­gab sich der Ver­dacht zu­min­dest der Hin­de­rung ei­ner Amts­hand­lung ge­mäss Art. 286 StGB. Da­für droht das Ge­setz Geld­stra­fe an. Es han­delt sich so­mit um ein Ver­ge­hen (Art. 10 Abs. 3 StGB). Ge­mäss Art. 217 Abs. 2 StPO kann die Po­li­zei ei­ne Per­son vor­läu­fig fest­neh­men und auf den Po­li­zei­pos­ten brin­gen, die ge­stützt auf Er­mitt­lun­gen oder an­de­re zu­ver­läs­si­ge In­for­ma­tio­nen un­ter an­de­rem ei­nes Ver­ge­hens ver­däch­tig ist. Die Po­li­zei­be­am­ten wa­ren auch ge­stützt auf die­se Be­stim­mung zur Ver­brin­gung der Be­schwer­de­füh­rer auf den Po­li­zei­pos­ten be­rech­tigt.

6.

6.1. Die Be­schwer­de­füh­rer brin­gen vor, der Be­schwer­de­füh­rer 2 ha­be sich in der Zel­le ei­ner Lei­bes­vi­si­ta­ti­on un­ter­zie­hen und sich da­bei nackt aus­zie­hen müs­sen. Dies ver­let­ze Art. 241 und Art. 249 StPO.

6.2. Art. 241-243 StPO ent­hal­ten all­ge­mei­ne Be­stim­mun­gen zu Durch­su­chun­gen und Un­ter­su­chun­gen. Ge­mäss Art. 241 Abs. 4 StPO kann die Po­li­zei ei­ne an­ge­hal­te­ne oder fest­ge­nom­me­ne Per­son durch­su­chen, na­ment­lich um die Si­cher­heit von Per­so­nen zu ge­währ­leis­ten.

Art. 249 f. StPO re­geln die Durch­su­chung von Per­so­nen und von Ge­gen­stän­den. Ge­mäss Art. 249 StPO dür­fen Per­so­nen und Ge­gen­stän­de oh­ne Ein­wil­li­gung nur durch­sucht wer­den, wenn zu ver­mu­ten ist, dass Tat­spu­ren oder zu be­schlag­nah­men­de Ge­gen­stän­de und Ver­mö­gens­wer­te ge­fun­den wer­den kön­nen. Nach Art. 250 StPO um­fasst die Durch­su­chung von Per­so­nen die Kon­trol­le der Klei­der, der mit­ge­führ­ten Ge­gen­stän­de, Be­hält­nis­se und Fahr­zeu­ge, der Kör­per­ober­flä­che und der ein­seh­ba­ren Kör­per­öff­nun­gen und Kör­per­höh­len (Abs. 1). Durch­su­chun­gen, die in den In­tim­be­reich der Be­trof­fe­nen ein­grei­fen, wer­den von Per­so­nen des glei­chen Ge­schlechts oder von ei­ner Ärz­tin oder ei­nem Arzt durch­ge­führt, es sei denn, die Mass­nah­me dul­de kei­nen Auf­schub (Abs. 2).

6.3. Ge­mäss Art. 7 BV ist die Wür­de des Men­schen zu ach­ten. Dies be­kräf­tigt Art. 3 Abs. 1 StPO. Da­nach ach­ten die Straf­be­hör­den in al­len Ver­fah­rens­sta­di­en die Wür­de der vom Ver­fah­ren be­trof­fe­nen Men­schen. Ge­mäss Art. 10 Abs. 3 BV und Art. 3 EM­RK ist ei­ne er­nied­ri­gen­de Be­hand­lung ver­bo­ten.

Bei der Be­ant­wor­tung der Fra­ge, ob ei­ne Lei­bes­vi­si­ta­ti­on mit voll­stän­di­ger Ent­klei­dung ge­gen die Men­schen­wür­de ver­stösst und ei­ne er­nied­ri­gen­de Be­hand­lung dar­stellt, kommt es auf die Um­stän­de an (BGE 141 I 141 E. 6.3.5 S. 147 ff. mit Hin­weis auf die Recht­spre­chung des Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hofs für Men­schen­rech­te). Die Mass­nah­me muss ver­hält­nis­mäs­sig sein (Art. 197 Abs. 1 lit. c und d StPO, Art. 36 Abs. 3 BV). Sie muss so­mit ge­eig­net sein, den da­mit ver­folg­ten Zweck zu er­rei­chen. So­dann muss sie er­for­der­lich sein. An der Er­for­der­lich­keit fehlt es, wenn mil­de­re Mass­nah­men zur Er­rei­chung des an­ge­streb­ten Zwecks ge­nü­gen. Schliess­lich muss die Mass­nah­me dem Be­trof­fe­nen zu­mut­bar sein (BGE 142 I 135 E. 4.1 S. 151; 141 I 141 E. 6.5.3 S. 151; je mit Hin­wei­sen). Auch der Eu­ro­päi­sche Ge­richts­hof be­tont, dass die Mass­nah­me zur Er­rei­chung des da­mit ver­folg­ten Zwecks not­wen­dig ("néces­sai­re") sein muss (Ur­teil Frérot ge­gen Frank­reich vom 12. Ju­ni 2007, §38).

6.4. Das Bun­des­ge­richt hat­te sich ver­schie­dent­lich mit Fäl­len zu be­fas­sen, in de­nen sich der Be­trof­fe­ne bei ei­ner Lei­bes­vi­si­ta­ti­on fast oder voll­stän­dig nackt aus­zie­hen muss­te.

Im Fall, der dem Ur­teil 6B_391/2013 vom 27. Ju­ni 2013 (publ. in Plä­doy­er 2013 Nr. 5 S. 53 f.) zu­grun­de liegt, nahm ein Po­li­zei­be­am­ter den Pri­vat­klä­ger, der sich in die po­li­zei­li­che Kon­trol­le ei­nes Dro­gen­kon­su­men­ten ein­ge­mischt und das po­li­zei­li­che Vor­ge­hen kri­ti­siert hat­te, fest und ord­ne­te sei­ne Ver­brin­gung zum Po­li­zei­pos­ten an. Dort wur­de der Pri­vat­klä­ger ei­ner Lei­bes­vi­si­ta­ti­on un­ter­zo­gen, bei der er sich nackt aus­zie­hen muss­te. Das kan­to­na­le Ober­ge­richt be­fand, die Lei­bes­vi­si­ta­ti­on sei mit Blick auf den kon­kre­ten Tat­vor­wurf (Nichtent­fer­nen der Hän­de aus den Ho­sen­ta­schen) un­ver­hält­nis­mäs­sig ge­we­sen. Es hät­ten kei­ne Ver­dachts­mo­men­te be­stan­den, dass der Pri­vat­klä­ger Dro­gen oder ge­fähr­li­che Ge­gen­stän­de auf sich tra­gen könn­te, die nicht mit ei­nem Ab­tas­ten über der Klei­dung hät­ten ge­fun­den wer­den kön­nen. Die Lei­bes­vi­si­ta­ti­on sei da­her un­recht­mäs­sig ge­we­sen (E. 1.2). Dem pflich­te­te das Bun­des­ge­richt bei. Es er­wog, der Po­li­zei­be­am­te hät­te die von ihm beim Pri­vat­klä­ger be­fürch­te­ten ge­fähr­li­chen Ge­gen­stän­de wie Mes­ser und Feu­er­werk so­wie all­fäl­li­ge Dro­gen durch Ab­tas­ten über der Klei­dung fin­den kön­nen (E. 1.4).

Im Ur­teil 1P.323/1988 vom 15. Fe­bru­ar 1991 ging es um ei­nen bei Kra­wal­len Fest­ge­nom­me­nen, der sich auf dem Po­li­zei­pos­ten ei­ner Lei­bes­vi­si­ta­ti­on un­ter­zie­hen und sich da­bei bis auf die Un­ter­ho­se aus­zie­hen muss­te. Das Bun­des­ge­richt führ­te aus, der Fest­ge­nom­me­ne sol­le je­den­falls Stei­ne ge­wor­fen ha­ben. Das Ziel der Lei­bes­vi­si­ta­ti­on ha­be mög­li­cher­wei­se dar­in be­stan­den, fest­zu­stel­len, ob er an­de­re ge­fähr­li­che Ge­gen­stän­de auf sich tra­ge. Da­zu sei der Ent­klei­dungs­zwang zwar ge­eig­net, je­doch nicht not­wen­dig ge­we­sen. Ein Ab­tas­ten hät­te ge­nügt. Be­son­de­re Um­stän­de könn­te man höchs­tens in der Aus­ser­or­dent­lich­keit der Si­tua­ti­on er­bli­cken, d.h. in der ver­gan­ge­nen Kra­wall­nacht mit ei­ner gros­sen Zahl von Ver­haf­te­ten. Das ge­nü­ge aber nicht, um ei­ne der­art ra­di­ka­le Mass­nah­me wie die im zu be­ur­tei­len­den Fall an­ge­ord­ne­te Ent­klei­dung zu recht­fer­ti­gen. Die Mass­nah­me sei un­ver­hält­nis­mäs­sig ge­we­sen (E. 5c).

In ei­nem ähn­li­chen Fall hat­te sich ei­ne Frau, die an­läss­lich ei­ner un­be­wil­lig­ten De­mons­tra­ti­on fest­ge­nom­men wor­den war, auf dem Po­li­zei­pos­ten ei­ner Lei­bes­vi­si­ta­ti­on durch ei­ne Po­li­zei­be­am­tin zu un­ter­zie­hen. Da­bei muss­te sich die Fest­ge­nom­me­ne bis auf den Slip aus­zie­hen. Auch in die­sem Fall er­ach­te­te das Bun­des­ge­richt die Mass­nah­me als un­recht­mäs­sig. Es er­wog, ei­ne Lei­bes­vi­si­ta­ti­on dür­fe nur vor­ge­nom­men wer­den, wenn da­für be­son­de­rer An­lass be­ste­he und der Grund­satz der Ver­hält­nis­mäs­sig­keit müs­se be­ach­tet wer­den. Un­ter die­sen Ge­sichts­punk­ten las­se sich das Vor­ge­hen der kan­to­na­len Be­hör­de vor der Bun­des­ver­fas­sung nicht recht­fer­ti­gen. Als die Lei­bes­vi­si­ta­ti­on durch­ge­führt wor­den sei, sei die mit Aus­schrei­tun­gen ver­bun­de­ne De­mons­tra­ti­on be­reits zu En­de oder zu­min­dest deut­lich am Ab­klin­gen ge­we­sen. Es wer­de nichts da­für vor­ge­bracht, wes­halb sich ge­ra­de ge­gen­über der Fest­ge­nom­me­nen ei­ne Lei­bes­vi­si­ta­ti­on auf­ge­drängt hät­te. We­der wer­de be­haup­tet, es hät­te die Ver­mu­tung be­stan­den, dass die Fest­ge­nom­me­ne an Ge­walt­ak­ten be­tei­ligt ge­we­sen sei, noch wür­den Ver­dachts­mo­men­te ge­nannt, die auf den Be­sitz ge­fähr­li­cher Ge­gen­stän­de hät­ten schlies­sen las­sen. Bei die­ser Sach­la­ge kön­ne es kla­rer­wei­se nicht mehr als ver­hält­nis­mäs­sig gel­ten, wenn die Fest­ge­nom­me­ne da­zu ver­hal­ten wor­den sei, sich zu ent­klei­den. Ei­ne Kon­trol­le durch Ab­tas­ten, even­tu­ell un­ter Be­nüt­zung gän­gi­ger tech­ni­scher Hilfs­mit­tel, hät­te ge­nügt (BGE 109 Ia 146 E. 8a S. 158 mit Hin­weis auf das Ur­teil P.656/1980 vom 3. Ju­ni 1981 E. 4).

6.5. Auch das Schrift­tum hebt her­vor, dass der Zwang zur Ent­klei­dung un­ver­hält­nis­mäs­sig ist, wenn das Ab­tas­ten über den Klei­dern ge­nügt (GUÉNI­AT/HAI­NARD, in: Code de procédu­re péna­le su­is­se, Com­men­taire Ro­mand, 2011. N. 1 f. zu Art. 250 StPO). Die ver­brei­te­te Pra­xis, von ver­däch­ti­gen Per­so­nen zu ver­lan­gen, sich nackt aus­zu­zie­hen, um al­len­falls am Kör­per ver­steck­te Be­weis­mit­tel zu fin­den, sei nur dann zu­läs­sig, wenn sol­che Ge­gen­stän­de bei blos­sem Ab­tas­ten über den Klei­dern nicht auf­ge­fun­den wer­den könn­ten, weil sie ent­we­der sehr klein sei­en oder die Ver­mu­tung be­ste­he, sie könn­ten mit be­son­de­rem Auf­wand di­rekt am Kör­per ver­steckt, z.B. an­ge­klebt und mit Kleb­bän­dern ge­tarnt sein (HANS­JA­KOB, a.a.O., N. 9 zu Art. 250 StPO).

6.6. Wie dar­ge­legt (oben E. 5.2), be­darf es für ei­ne An­hal­tung kei­nes kon­kre­ten Tat­ver­dachts. Ein re­la­tiv va­ger Ver­dacht ge­nügt (UL­RICH WE­DER, in: Do­natsch und an­de­re [Hrsg.], Kom­men­tar zur Schwei­ze­ri­schen Straf­pro­zess­ord­nung, 2. Aufl. 2014, N. 8 zu Art. 215 StPO). Auf­grund des von den Po­li­zei­be­am­ten be­ob­ach­te­ten Ver­hal­tens der Be­schwer­de­füh­rer be­stand ge­gen die­se le­dig­lich ein va­ger Ver­dacht auf Ta­schen­dieb­stahl. Ein der­ar­ti­ger Ver­dacht ge­nügt nicht, um den Be­trof­fe­nen da­zu an­zu­hal­ten, sich bei der Lei­bes­vi­si­ta­ti­on voll­stän­dig nackt aus­zu­zie­hen. Das ist dem Be­trof­fe­nen un­zu­mut­bar und des­halb un­ver­hält­nis­mäs­sig. Zur Klä­rung der dem Be­schwer­de­füh­rer 2 vor­ge­wor­fe­nen Hin­de­rung ei­ner Amts­hand­lung war die Lei­bes­vi­si­ta­ti­on un­ge­eig­net und aus die­sem Grund un­ver­hält­nis­mäs­sig. Der Be­schwer­de­füh­rer 2 war we­gen sei­ner An­hal­tung und Ver­brin­gung zum Po­li­zei­ge­bäu­de un­strei­tig auf­ge­bracht. Ei­ne Ge­fähr­dung der Po­li­zei­be­am­ten konn­te da­her nicht aus­ge­schlos­sen wer­den. Um fest­zu­stel­len, ob der Be­schwer­de­füh­rer 2 im Be­sitz von Waf­fen oder an­de­ren ge­fähr­li­chen Ge­gen­stän­den sei, hät­te es je­doch ge­nügt, ihn über den Klei­dern ab­zu­tas­ten. Die voll­stän­di­ge Ent­klei­dung war da­zu nicht er­for­der­lich. Zwar schlos­sen die Po­li­zei­be­am­ten den Be­schwer­de­füh­rer 2 für kur­ze Zeit in ei­ne Zel­le ein. Für den Aus­schluss ei­ner Selbst­ge­fähr­dung hät­te es je­doch eben­falls ge­nügt, den Be­schwer­de­füh­rer 2 über den Klei­dern ab­zu­tas­ten und ihm ge­ge­be­nen­falls den Gür­tel und die Schnür­sen­kel weg­zu­neh­men (vgl. DIE­GO R. GFEL­LER, in : Schwei­ze­ri­sche Straf­pro­zess­ord­nung, Bas­ler Kom­men­tar, 2. Aufl. 2014, N. 45 zu Art. 241 StPO).

Die Lei­bes­vi­si­ta­ti­on mit Ent­klei­dung war hier dem­nach, wie in den dar­ge­leg­ten Fäl­len (oben E. 6.4), un­ver­hält­nis­mäs­sig und da­mit un­recht­mäs­sig. Die Be­schwer­de ist im vor­lie­gen­den Punkt be­grün­det.

7.

Soll­ten die Be­schwer­de­füh­rer das Ein­schlies­sen des Be­schwer­de­füh­rers 2 in der Zel­le für sich al­lein als er­nied­ri­gen­de Be­hand­lung ge­mäss Art. 3 EM­RK rü­gen (Be­schwer­de S. 25 Ziff. 13.13), wä­re die Be­schwer­de in­so­weit un­be­grün­det.

Art. 3 EM­RK er­fasst kei­ne ge­ring­fü­gi­gen Miss­hand­lun­gen. Da­mit ei­ne Be­hand­lung un­ter die­se Be­stim­mung fällt, muss sie ein Min­dest­mass an Schwe­re er­rei­chen. Bei der Wür­di­gung die­ses Min­dest­mas­ses kommt es auf die ge­sam­ten Um­stän­de an, ins­be­son­de­re die Dau­er der Be­hand­lung, ih­re kör­per­li­chen und geis­ti­gen Aus­wir­kun­gen so­wie mit­un­ter das Ge­schlecht, das Al­ter und den Ge­sund­heits­zu­stand des Be­trof­fe­nen (Ur­teil Frérot, a.a.O., § 35 mit Hin­wei­sen; STE­FAN SIN­NER, in: Kar­pen­stein/May­er, EM­RK, Kom­men­tar, 2. Aufl. 2015, N. 6 zu Art. 3 EM­RK; MEY­ER-LA­DE­WIG/LEH­NERT, in: Mey­er-La­de­wig/Net­tes­heim/ von Rau­mer [Hrsg.], EM­RK, Hand­kom­men­tar, 4. Aufl. 2017, N. 19 zu Art. 3 EM­RK).

Der Be­schwer­de­füh­rer 2 wur­de un­strei­tig für ca. 10 Mi­nu­ten und da­mit kur­ze Zeit in der Zel­le ein­ge­sperrt. Dass dar­in men­schen­rechts­wid­ri­ge Be­din­gun­gen ge­herrscht hät­ten, macht er nicht gel­tend und ist nicht er­sicht­lich; eben­so we­nig, dass er auf­grund der Ein­sper­rung ei­ne ernst­haf­te kör­per­li­che oder psy­chi­sche Be­ein­träch­ti­gung er­lit­ten hät­te. Zwar hat­te er nach sei­nen An­ga­ben ei­ni­ge Zeit vor der An­hal­tung ei­nen Hirn­schlag. Dass ihm des­halb al­len­falls not­wen­di­ge Me­di­ka­men­te ent­zo­gen bzw. vor­ent­hal­ten wor­den wä­ren, macht er nicht gel­tend. Un­ter die­sen Um­stän­den er­reicht die Ein­schlies­sung des Be­schwer­de­füh­rers 2, auch wenn sie für ihn un­an­ge­nehm war, die Schwe­re nicht, wel­che für die An­wen­dung von Art. 3 EM­RK er­for­der­lich ist.

8.

8.1. Wie dar­ge­legt (oben E. 4.5), ist da­von aus­zu­ge­hen, dass der Po­li­zei­be­am­te C. den Be­schwer­de­füh­rer 2 ge­duzt hat.

8.2. Wie im po­li­zei­recht­li­chen Schrift­tum aus­ge­führt wird, kon­kre­ti­siert sich die Ver­let­zung der Men­schen­wür­de (Art. 7 BV, Art. 3 Abs. 1 StPO) un­ter an­de­rem in man­geln­dem Re­spekt ge­gen­über an­de­ren Men­schen so­wie in der Pra­xis auch ein­fach durch Miss­ach­tung der üb­li­chen An­stands­re­geln bei­spiels­wei­se im kom­mu­ni­ka­ti­ven Um­gang. So kann das Du­zen ei­ner Per­son, die kein Kind mehr ist, wäh­rend ei­ner Iden­ti­täts­über­prü­fung be­reits her­ab­wür­di­gend sein (MAR­KUS H.F. MOH­LER, Grund­zü­ge des Po­li­zei­rechts in der Schweiz, 2012, S. 122 N. 325 f.).

8.3. Der Po­li­zei­be­am­te hat den An­ge­hal­te­nen an­stän­dig zu be­han­deln. Da­zu ge­hört, dass er die­sen siezt. Für das Du­zen be­stand hier we­der An­lass noch Recht­fer­ti­gung. Ob dar­in be­reits ei­ne er­nied­ri­gen­de Be­hand­lung ge­mäss Art. 10 Abs. 3 BV und Art. 3 EM­RK lag, kann da­hin­ge­stellt blie­ben. Je­den­falls war das Du­zen her­ab­wür­di­gend. Da­durch wur­de der Be­schwer­de­füh­rer 2 als blos­ses Ob­jekt des Ver­fah­rens be­han­delt, was mit Art. 7 BV und Art. 3 Abs. 1 StPO un­ver­ein­bar ist (vgl. BGE 127 I 6 E. 5b S. 13/14; WOLF­GANG WOH­LERS, in: Do­natsch und an­de­re [Hrsg.], Kom­men­tar zur Schwei­ze­ri­schen Straf­pro­zess­ord­nung, 2. Aufl. 2014, N. 3 zu Art. 3 StPO; MARC THOM­MEN, in: Schwei­ze­ri­sche Straf­pro­zess­ord­nung, Bas­ler Kom­men­tar, 2. Aufl. 2014, N. 13 zu Art. 3 StPO). Das Du­zen war da­her rechts­wid­rig.

9.

Die Be­schwer­de wird dem­nach, so­weit dar­auf ein­ge­tre­ten wer­den kann, teil­wei­se gut­ge­heis­sen und der an­ge­foch­te­ne Ent­scheid auf­ge­ho­ben. Es wird fest­ge­stellt, dass die Lei­bes­vi­si­ta­ti­on mit voll­stän­di­ger Ent­klei­dung des Be­schwer­de­füh­rers 2 und des­sen Du­zen durch den Po­li­zei­be­am­ten C. wi­der­recht­lich wa­ren. Im Üb­ri­gen wird die Be­schwer­de ab­ge­wie­sen.

10.

Dem Ge­such um un­ent­gelt­li­che Rechts­pfle­ge und Ver­bei­stän­dung ge­mäss Art. 64 BGG kann statt­ge­ge­ben wer­den.

Die Be­schwer­de­füh­rer tra­gen da­her, auch so­weit sie un­ter­lie­gen, kei­ne Ge­richts­kos­ten. Dem Kan­ton wer­den eben­so we­nig Kos­ten auf­er­legt (Art. 66 Abs. 4 BGG).

So­weit die Be­schwer­de­füh­rer ob­sie­gen, hat der Kan­ton ih­rer An­wäl­tin ei­ne Ent­schä­di­gung zu be­zah­len (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Die­se wird auf Fr. 1'500.-- fest­ge­setzt. So­weit die Be­schwer­de­füh­rer un­ter­lie­gen, wird ih­rer An­wäl­tin aus der Bun­des­ge­richts­kas­se ei­ne Ent­schä­di­gung aus­ge­rich­tet (Art. 64 Abs. 2 Satz 2 BGG). Die­se wird auf eben­falls Fr. 1'500.-- fest­ge­setzt.

Die Ak­ten wer­den an die Vor­in­stanz über­wie­sen zur Neu­re­ge­lung der kan­to­na­len Kos­ten- und Ent­schä­di­gungs­fol­gen.

Dem­nach er­kennt das Bun­des­ge­richt:

1.

Die Be­schwer­de wird, so­weit dar­auf ein­ge­tre­ten wer­den kann, teil­wei­se gut­ge­heis­sen und der Be­schluss des Kan­tons­ge­richts Lu­zern vom 21. März 2016 wird auf­ge­ho­ben. Es wird fest­ge­stellt, dass die Lei­bes­vi­si­ta­ti­on mit voll­stän­di­ger Ent­klei­dung des Be­schwer­de­füh­rers 2 und des­sen Du­zen durch den Po­li­zei­be­am­ten C. wi­der­recht­lich wa­ren. Im Üb­ri­gen wird die Be­schwer­de ab­ge­wie­sen.

2.

Das Ge­such um un­ent­gelt­li­che Rechts­pfle­ge und Ver­bei­stän­dung wird gut­ge­heis­sen.

3.

Es wer­den kei­ne Ge­richts­kos­ten er­ho­ben.

4.

Der Kan­ton Lu­zern hat der Ver­tre­te­rin der Be­schwer­de­füh­rer, Rechts­an­wäl­tin As­trid Da­vid Mül­ler, ei­ne Par­tei­ent­schä­di­gung von Fr. 1'500.-- zu be­zah­len.

5.

Der Ver­tre­te­rin der Be­schwer­de­füh­rer, Rechts­an­wäl­tin As­trid Da­vid Mül­ler, wird aus der Bun­des­ge­richts­kas­se ei­ne Ent­schä­di­gung von Fr. 1'500.-- aus­ge­rich­tet.

6.

Die Ak­ten wer­den an die Vor­in­stanz über­wie­sen zur Neu­re­ge­lung der kan­to­na­len Kos­ten- und Ent­schä­di­gungs­fol­gen.

7.

Die­ses Ur­teil wird den Be­schwer­de­füh­rern, der Lu­zer­ner Po­li­zei, der Staats­an­walt­schaft Ab­tei­lung 1 Lu­zern, der Ober­staats­an­walt­schaft des Kan­tons Lu­zern und dem Kan­tons­ge­richt Lu­zern, 1. Ab­tei­lung, schrift­lich mit­ge­teilt.

Lau­sanne, 11. April 2017

Im Na­men der I. öf­fent­lich-recht­li­chen Ab­tei­lung

des Schwei­ze­ri­schen Bun­des­ge­richts

Der Prä­si­dent: Mer­k­li

Der Ge­richts­schrei­ber: Här­ri

 

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