Seit dem 1. August 2016 darf die Eidgenössische Zollverwaltung gestützt auf den neuen Art. 128a des Zollgesetzes Observationen inkl. Bild- und Tonaufzeichnungen durchfuhren. Wie mehrere im Mai 2019 publizierte Urteile des Bundesgerichts zeigen, hat die Eidgenössische Zollverwaltung aber lange vor diesem Zeitpunkt, mindestens seit März 2013, verdeckte Observationen und Überwachungen mit GPS-Trackern durchgeführt.
Konkret hat die Eidgenössische Zollverwaltung einen Importeur und Hersteller von Substanzen für die Bodybuilder-Szene wie Anabolika, hormonale und andere Wachstumsförderer sowie Erektionsförderer und Appetitzügler, ohne Gesetzesgrundlage während zweier Jahre verdeckt überwacht. Gestützt auf diese Erkenntnisse hat sie anschliessend bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau Anzeige erstattet. Am 31. März 2015 wurde die überwachte Person bei der Einreise in die Schweiz verhaftet. Auf einem bei dieser Gelegenheit sichergestellten USB-Stick befanden sich Aufzeichnungen über Zwischenhändler in der Schweiz und Handelsmengen. In der Folge ordnete die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau Fernmeldeüberwachungen gegen auf diesem USB-Stick registrierte Personen an, was zu erstinstanzlichen Verurteilungen diverser Personen wegen qualifizierten Widerhandlung gegen das Heilmittelgesetz führte.
Das Obergericht des Kantons Aargau schmetterte die Berufungen ab mit den Worten: «Es kann damit im vorliegenden Verfahren offen bleiben, ob der von der Eidgenössischen Zollverwaltung angeordnete Einsatz von Überwachungsgeräten und/oder von der Eidgenössischen Zollverwaltung angeordnete Observationen rechtmässig erfolgt sind bzw. gegen Grundrechte verstossen haben, womit auch unbeachtlich ist, dass diese bzw. deren Ergebnisse allenfalls zur Verhaftung des Beschuldigten geführt oder beigetragen haben. Selbst wenn die Verhaftung unrechtmässig erfolgt wäre, resultierte daraus keine Unverwertbarkeit sämtlicher im Nachgang rechtmässig erhobener Erkenntnisse und Beweise».
Das Bundesgericht hat aber das Obergerichts des Kantons Aargau eines Besseren belehrt und ziemlich deutlich festgehalten: «Mit diesen Erwägungen vermeidet es die Vorinstanz, auf die aufgezeigte, unübersehbare Problematik effektiv einzutreten. Damit lässt sie die Gesetzmässigkeit des Strafverfahrens offen. Das Vorgehen verletzt Bundesrecht. Überwachungen sind besonders heikle Eingriffe in die Freiheitsrechte und verlangen nach einem erhöhten Rechtsschutz der Betroffenen.»
Eine kurze Recherche nach Urteilen des Bundesgerichts betreffend «Qualifizierte Widerhandlung gegen das Heilmittelgesetz» lässt vermuten, dass die Eidgenössische Zollverwaltung noch viel mehr verdeckte Ermittlungen durchführte. Auch lassen die Unverfrorenheit der Staatsanwaltschaft und des Obergerichts des Kantons Aargau, mit welcher sie ungültig erworbene Beweise verwendeten und Kritik an diesem Vorgehen abschmetterten, erahnen, dass dieses Vorgehen in der Strafverfolgung Standard ist.
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