Die Polizei soll im Kanton Bern künftig ohne richterliche Genehmigung einen Monat lang verdeckt fahnden dürfen. Und: Wer einen Polizeieinsatz provoziert, soll ihn selbst bezahlen. Ebenso sollen Personen, die ausserhalb eines Strafverfahrens gefährdet sind und sich nicht in einem Zeugenschutzprogramm gemäss dem Bundesgesetz über den ausserprozessualen Zeugenschutz befinden, mittels gefälschter Urkunden mit einer anderen Identität (Legende) ausgestattet werden können. Schliesslich sollen Privatpersonen für die Zusammenarbeit mit der Polizei entschädigt und sogar belohnt werden können.
In der Medienmitteilung von Polizeidirektor Hans-Jürg Käser vom 14. Juni 2012 ist davon allerdings nichts zu lesen. Dort steht lediglich:
Kernpunkte der Revision sind die Lockerung der Wohnsitzpflicht für Polizeimitarbeitende, Regelung des polizeilichen Handelns von Polizeiangehörigen in ihrer dienstfreien Zeit und Erwähnung der Sicherheitsassistentenschule im Gesetz.
Dass verdeckte Fahndung für «alle Vergehen und Verbrechen» eingesetzt werden soll und bis zu einem Monat lang keine richterliche Genehmigung benötigt, ist auf jeden Fall unverhältnismässig. Zudem ist fraglich, ob so erlangte Beweise vor Gericht verwendet werden dürfen.
Die Bestimmung, dass die Kosten für Polizeieinsätze dem Störer/Verursacher aufgebunden werden können, zielt vermutlich auf Demonstrationen, welche unterbunden werden sollen.
Voll daneben ist der neue Art. 35f, wonach die Polizeikommandantin oder der Polizeikommandant mit Genehmigung des Zwangsmassnahmegerichts gefährdete Personen, die ausserhalb eines Strafverfahrens gefährdet sind und sich nicht in einem Zeugenschutzprogramm gemäss dem Bundesgesetz über den ausserprozessualen Zeugenschutz befinden, mit einer Legende im Sinne von Artikel 288 Absatz 1 StPO und den dafür notwendigen Urkunden ausstatten können soll. Dies wäre nichts anderes als Urkundenfälschung im Amt gemäss Art. 317 StGB, und keine nicht strafbare Handlungen gemäss Art. 317bis StBG. Auch der Empfänger der gefälschten Urkunden würde sich strafbar machen.
Am 13. Dezember 2012 teilte der Regierungsrat des Kantons Bern mit, dass die Teilrevision des Polizeigesetzes zugunsten einer Totalrevision aufgeschoben werde. Die auf eidgenössischer Ebene weit fortgeschrittene Revision betreffend der verdeckten Fahndung soll abgewartet werden, bevor kantonale Bestimmungen erlassen werden. Die geplanten Änderungen sind somit nicht vom Tisch, sondern nur um ein paar Jahre aufgeschoben.
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