«Verfassungsrechtlich heikel»

11. Oktober 2012

Von Jonas Hoskyn, Baselr Zeitung

Im Mai diskutierte auch schon die Regierung Basel-Stadt über einen Einsatz der Militärpolizei. Sie stufte dies aber damals als heikel ein. Im Baselbiet wird der Unterstützung der Armee begrüsst.

Die Baselbieter Polizei wird beim Kampf gegen Kriminaltouristen von der Schweizer Armee unterstützt. Diese Meldung sorgte gestern für grosse Diskussionen. Nun werden erste Details der geplanten Grossaktion bekannt: Seit Anfang Woche befindet sich das Bataillon 1 der Militärpolizei in der Region im dreiwöchigen Wiederholungskurs. In diesem Rahmen sollen die Armeeangehörigen auch die Baselbieter Polizei unterstützen.

Geplant sind unter anderem mehrere flächendeckende Verkehrskontrollen und gemischte Patrouillen. Die Einsatzleitung obliegt der Baselbieter Polizei. Nur ihre Leute dürfen Zwangsmassnahmen anwenden und Verdächtige festhalten oder verhaften. Die Militärpolizisten dürfen nur in absoluten Notsituationen überhaupt eingreifen, tragen aber ihre Pistole auf sich. Ausserdem tragen sie ihre Militäruniform und eine Armbinde mit dem Aufdruck «MP».

Bürgerliche dafür, Linke dagegen

«Die Zusammenarbeit mit der Kantonspolizei Baselland ist eine Ausbildungszusammenarbeit und kein eigentlicher Einsatz», erklärt Urs Müller vom Führungsstab der Armee. Deshalb habe die Armee den Kanton angefragt. «Es geht darum zu schulen, wie die Zusammenarbeit im Fall eines subsidiären Einsatzes aussieht.» Eine solche Zusammenarbeit sei absolut üblich, so beispielsweise während dem Weltwirtschaftsforum oder der Euro 2008.

Im Baselbiet ist dies jedoch bisher die erste solche Aktion. Und sie wird grossenteils begrüsst: SVP-Landrat Hans-Jürgen Ringgenberg spricht von einem «positiven Zeichen»: «Man hat offensichtlich endlich begriffen, dass man etwas machen muss.» Auch andere bürgerliche Politiker unterstützen die Aktion: «Die Armee kann das Gelernte trainieren und unsere Polizei wird personell unterstützt – das ist eine Win-win-Situation», sagt FDP-Landrat Balz Stückelberger. Er stellt jedoch zwei Bedingungen: So müsse die Führung bei der Baselbieter Polizei liegen und die Situation dürfe nicht zum Dauerzustand werden. Auch Hans Furer (GLP) sagt: «Es ist gut, wenn man ein deutliches Zeichen setzt, das bei diesen Banden auch ankommt.»

Bei der Linken wird die Aktion kritisch betrachtet: «Diese Zusammenarbeit ist mir völlig unverständlich. Das ist ein Bereich, wo ganz klar der Kanton die Hoheit hat», sagt SP-Landrätin Regula Meschberger. «Die Militärpolizei hat eigentlich eine ganz andere Funktion und andere Aufgaben.» Die Grünen sind gespalten wenn es um die Zusammenarbeit geht, die «ihr» Sicherheits­direktor Isaac Reber gutgeheissen hat.

«Verfassungsrechtlich heikel»

Landrat Jürg Wiedemann hatte die Aktion bereits in der BaZ von gestern kritisiert und doppelte mit einem Kommuniqué nochmals nach: «Die Armee ist für die Verbrechensbekämpfung das falsche Instrument. Polizeiaufgaben sollen grundsätzlich nicht vom Militär übernommen werden.» Fraktionschef Klaus Kirchmayr dagegen sagt: «Ich habe Verständnis für die Skepsis, aber man sollte das pragmatisch anschauen. Diese Zusammenarbeit ist sicher sinnvoller als eine Trockenübung im Keller, weshalb ich den Einsatz befürworte.»

Auffallend ist vor allem auch die unterschiedliche Auffassung zwischen Baselland und Basel-Stadt. Die Basler Regierung hatte im Mai einen Einsatz der Militärpolizei zur Bekämpfung der Kriminalität kategorisch ausgeschlossen: Für ein solches Engagement setze die Bundesverfassung voraus, dass «der Kanton auch mithilfe anderer Kantone nicht mehr in der Lage ist, mit eigenen Kräften die öffentliche Sicherheit aufrecht zu erhalten oder wiederherzustellen», antwortete der Regierungsrat auf eine Interpellation des SVP-Grossrats Eduard Rutschmann. Dieser hatte einen Einsatz der Militärpolizei gefordert – als kurzfristige Sofortmassnahme. Die Regierung lehnte die Idee aber «als verfassungsrechtlich heikel und nicht notwendig» ab.

In Anbetracht des Baselbieter Vorgehens überlegt sich der Basler SVP-Präsident Sebastian Frehner nun, nochmals auf die Forderung zurückzukommen: «Wir haben seit Monaten ein riesiges Problem mit der Sicherheit. So eine Aktion bräuchten wir in der Stadt auch dringend.»

 

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